Streit über Steindorff-Sammlung beigelegt:Dynamik bilateralen Nachgebens

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Nur allzu vernünftig: Die Sammlung des deutsch-jüdischen Ägyptologen Georg Steindorff bleibt in der Universität Leipzig. Das entspricht dem erklärten Willen des Erben, obwohl die Sammlung unter dem Druck der Nationalsozialisten an die Universität verkauft worden sein soll.

Andreas Zielcke

Der Streit, dem ein Gerichtsurteil eine so widersinnige Wendung verliehen hatte, ist nun doch zu einem guten Ende gelangt: Die altägyptische Sammlung von Georg Steindorff wird endgültig der Universität Leipzig verbleiben. Die Jewish Claims Conference (JCC), die über einen gerichtlich bestätigten Rechtstitel zur Herausgabe der Sammlung verfügt , hat sich bereit erklärt, auf ihren Restitutionsanspruch zu verzichten.

(Foto: Ägyptisches Museum Georg Steindorff, Uni Leipzig, M. Wenzel)

In der Verhandlung am vergangenen Mittwoch, zu der sich die Vertreter der JCC und der Universität Leipzig in Berlin zusammengefunden hatten, kam man überein, den Konflikt gütlich beizulegen und der Universität das Eigentum an der Sammlung zu belassen. Sie hatte sie 1937 von Georg Steindorff, der hier mehr als drei Jahrzehnte Ägyptologie gelehrt und die Sammlung aus eigenen Mitteln aufgebaut hatte, käuflich erworben.

Ein Entgelt für ihren Verzicht verlangt die JCC nicht. Darüberhinaus bekräftigt sie, dass sie trotz des Rechtsstreits zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt habe, gegen die Universität Zahlungsforderungen zu erheben.

Im Gegenzug verpflichtet sich die Universität, den Lebensweg von Georg Steindorff weiter aufzuarbeiten, eine ausführliche Dokumentation über ihn zu erstellen und sie der Öffentlichkeit im Rahmen der Sammlung zugänglich zu machen - "unter Anerkennung des verfolgungsbedingten Entzugs der Sammlung".

Generell soll das Thema der Verfolgung in der NS-Zeit, vor allem was den universitären Bereich betrifft, stärker als bisher aufgenommen und publikumswirksam dargestellt werden.

Stets angemahnt

Der gerichtliche Streit zwischen den beiden Seiten ist damit erledigt, die Universität legt das ihr zustehende Rechtsmittel nicht ein. Dass sie um der Einigung willen den "verfolgungsbedingten" Entzug der Sammlung bestätigt hat, gehört zur Dynamik des gegenseitigen Nachgebens, für die Restitutionspolitik jenseits dieses konkreten Falls ist es allerdings ein Wermutstropfen.

Denn die Zweifel, dass Georg Steindorff seine große Lehrsammlung unter Druck an die Universität verkauft hat, sind erheblich. Als Präjudiz für künftige Restitutionsfälle sollte man den Ausgang dieses Streits aber auch deshalb nicht sehen, weil hier der JCC die Herausgabeforderung gegen den erklärten Willen des heutigen Erben von Georg Steindorff zugesprochen worden war, ohne dass es dafür einen hinreichenden gesetzlichen Grund gab. Das war dann wohl auch der tiefere Grund für die vernünftige Einigung, die der Erbe stets angemahnt hatte.

© SZ vom 24.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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