Antisemitische Angriffe gegen Politiker:Als Einstein Rathenau zum Rücktritt riet

Lesezeit: 5 min

Schauplatz der Ermordung von Walther Rathenau an der Berliner Königsallee, Juni 1922. (Foto: Imago)

Von Kurt Eisner bis Wolodimir Selenskij: Antisemitismus begleitete jüdische Politiker schon immer.

Gastbeitrag von Michael Brenner

Eines Abends Anfang April 1922 erhielt Walther Rathenau Besuch. Gegen acht Uhr klingelte Albert Einstein an seiner Haustüre. Mitgebracht hatte er Kurt Blumenfeld, den Vorsitzenden der Zionistischen Vereinigung für Deutschland. Und eine klare Botschaft: So selbstverständlich es für Rathenau war, Deutscher zu sein, für die Antisemiten würde er als Jude doch immer ein Fremder bleiben. Als Außenminister, im höchsten politischen Amt, das in Deutschland jemals ein Jude erreicht hatte, gefährde er - so Einstein - nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das der deutschen Juden. Einstein und Blumenfeld versuchten, den deutschen Außenminister davon zu überzeugen, von seinem Posten zurückzutreten. Es wurde ein sehr langer Abend. Erst lange nach Mitternacht verließen die beiden Herren die Villa im Grunewald - unverrichteter Dinge. Rathenau blieb im Amt, und zwei Monate später war er tot. Erschossen von Rechtsradikalen, die die eskalierende antisemitische Rhetorik in die Tat umsetzten: "Knallt ab den Walther Rathenau, die gottverfluchte Judensau."

Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungMord an Rathenau vor 100 Jahren
:Die Vergeltung der Gedemütigten

Vor 100 Jahren der Mord an Außenminister Rathenau, heute der Krieg gegen die Ukraine: An den Begründungen rechtsradikaler Gewalt hat sich verblüffend wenig geändert.

Gastbeitrag von Thomas Hüetlin

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: