Promi-Bücher als Krisenbewältigung
Bettina Wulff
"Meine Sicht der Dinge" soll es heißen: Bettina Wulff, früher einmal Bundespräsidenten-Gattin, veröffentlicht ein Buch über ihr Leben. Nicht automatisch eine gute Idee, wie ein Blick in die Liste krisengebeutelter Amateurautoren zeigt - von David Hasselhoff bis Margot Honecker. "Was steht im Buch von Bettina Wulff?'', fragte die Bild-Zeitung am Montag - und konnte die Frage leider auch nicht beantworten. Das kann im Moment keiner, denn der Erstling der früheren Präsidenten-Gattin ist noch in Arbeit, wie der verantwortliche Riva-Verlag auf Anfrage mitteilte. Zum Inhalt könne sie "leider gar nichts sagen", erklärte eine Sprecherin. Allerdings findet sich bei Amazon bereits ein Eintrag: "Meine Sicht der Dinge", heißt das Werk da. Es soll 224 Seiten dick sein, am 9. November erscheinen und zusammen mit einer Co-Autorin namens Nicole Maibaum verfasst werden. Das ist zwar reichlich vage. Aber wer einen Blick in das eher reißerische Verlagsprogramm von Riva wirft - "Hells Angels: Wie die gefürchteten Rocker Deutschlands Unterwelt eroberten", "Sniper: 160 tödliche Treffer - Der beste Scharfschütze des US-Militärs packt aus" -, der ahnt: Es wird wohl eher nicht um Herbstmode oder Radtouren rund um Großburgwedel gehen. Sondern um Glanz und Absturz. Das große Drama. Wenige Polit-Paare sind so schnell aufgestiegen und so hart gefallen wie Bettina und Christian Wulff. Vor allem der Boulevard konnte sich gar nicht sattsehen an dem "First Liebespaar" (Bunte). Das heißt, bis die Berichte über Hauskredite aufkamen. Da war es dann vorbei mit der Hofberichterstattung. "Meine Sicht der Dinge": Dahinter dürfte, wenn nicht alles täuscht, auch der Versuch stecken, das angekratzte Image wieder aufzupäppeln. Dinge gerade zu rücken. Ein legitimer Wunsch. Aber auch ein erfolgversprechender? Ein Blick in die Liste der Amateurautoren, die versucht haben, Schicksalsschläge mit Büchern zu beantworten, zeigt, dass so etwas gutgehen kann. Aber nicht muss. Texte: SZ vom 28.08.2012
Promi-Bücher als Krisenbewältigung
Margot Käßmann
Die Krise Krankheit, Scheidung, 50. Geburtstag Der Titel "In der Mitte des Lebens" Der Inhalt Predigten, Aphorismen, Ich-Geschichten übers Älterwerden und über Lebenskrisen. Die Kernthese: "Gerade in Zeiten des Jugendwahns gilt es, die Kunst des Alterns neu zu lernen." Es geht um Käßmanns eigene Erfahrungen, etwa nach ihrer Scheidung: "Niemandem wünsche ich eine solche Wucht an Meinungsbezeugungen derer, die vermeintlich wissen, wie es gut und richtig zu sein hat." Außerdem schreibt sie über Brustkrebs, ihre OP und das Glück über ihre "geschenkte Zeit". Die Folgen Überfüllte Kirchentagshallen, Buchhandlungen, Kirchen - überall Menschen um die 50, die sich verstanden fühlen. Der Hype, als Käßmann Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche wird. Der Hype, als sie nach einer Alkoholfahrt von ihren Ämtern zurücktritt. Dann: noch mehr Bücher - über die Sehnsucht und das Leben. Und noch mehr Predigten, Aphorismen, Ich-über-mich-Geschichten. Das Zitat "Die eigenen Grenzen annehmen und Abschiede ins Leben hineinnehmen, auch das gehört dazu bei der Suche nach der Balance in der Mitte des Lebens." Text: Matthias Drobinski Das Buch: Margot Käßmann: "In der Mitte des Lebens", Verlag: Herder, 2009.
Promi-Bücher als Krisenbewältigung
Karl-Theodor zu Guttenberg
Die Krise Plagiatsaffäre, Rücktritt als Verteidigungsminister, Exil in den USA Der Titel "Vorerst gescheitert" Der Inhalt Für ein ganz allein verfasstes Buch hat es mal wieder nicht gereicht. In London setzt sich Guttenberg einfach in ein Hotel, lässt sich ausgiebig von Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo befragen - und fertig ist das Interviewbuch. Guttenberg gibt zu, dass er in seiner Doktorarbeit "hanebüchene Fehler" gemacht hat. Aber bewusste Täuschung? I wo! Guttenberg bleibt seiner Verteidigungsstrategie treu. Weil das Buch gefüllt werden muss, darf er auch noch was sagen über Afghanistan, Spinnweben in der CSU, die Freiheit im Internet und gelb gefärbte Haare. Die Folgen In der CSU sind sie sauer, weil Guttenberg schlau wie immer am Zustand der Partei rumnörgelt. An den Unis sind sie sauer, weil er sich noch immer gegen den Begriff "Plagiat" wehrt. Bei den Lesern der Zeit sind viele sauer, weil di Lorenzo dem Plagiator zu einem Bestseller verholfen hat. Das Buch sei ein Fehler gewesen, sagt di Lorenzo später. Und Guttenberg? Sein Comeback ist vorerst gescheitert. Das Zitat "Ich habe kein Problem damit, von der größten Dummheit meines Lebens zu sprechen." Text: Tanjev Schultz Das Buch: "Vorerst gescheiter", Karl-Theodor zu Guttenberg im Gespräch mit Giovanni di Lorenzo, Verlag: Herder, 2011.
Promi-Bücher als Krisenbewältigung
Margot Honecker
Die Krise Zwei Jahrzehnte Exil in Chile Der Titel "Zur Volksbildung: Gespräch." Der Inhalt Wirrer Journalist interviewt wirre neostalinistische Omi in Südamerika. Die beiden sind sich grundsätzlich einig: Was die Frau des DDR-Staats- und Parteiratsdingens in ihren sechsundzwanzig Jahren als Volksbildungsministerin geleistet hat, war so schlecht nun auch wieder nicht. Zwangsadoptionen hin oder her. Und am Zusammenbruch ist sowieso nur der US-Geheimdienst schuld. Diese Konterrevolutionäre. Gegen die hätten sich die Genossen mal erheben sollen, die waren der Sand im Trabantengetriebe. Aber was haben die Genossen gemacht? Sind ins kapitalistische Feindesland abgehauen und haben Beate-Uhse-Läden leergekauft. Völlig Banane. Das hältst du auch mit mehr als 80 Jahren im Kopf nicht aus. Das muss raus, aufs Papier. Gerade heute, wo die Wagenknecht dem Lafontaine wahrscheinlich schon frühmorgens das Brötchen schmiert. Die Folgen Keine. Das Zitat "Da kommt dann jemand, der auf unsere Kosten Abitur machte, an der Kunsthochschule studierte, und fordert ,Gerechtigkeit'." Die Autorin meint Bärbel Bohley. Text: Martin Zips Das Buch: Margot Honecker: "Zur Volksbildung. Ein Gespräch", Verlag: Neues Berlin, 2012.
Promi-Bücher als Krisenbewältigung
David Hasselhoff
Die Krise Alkoholsucht und Abstürze Der Titel "Wellengang meines Lebens" Der Inhalt Wir haben Hasselhoff viel zu verdanken: unsere Freiheit. In einem illuminierten Satinblouson sang er Ende 1989 auf der Berliner Mauer "Looking for Freedom", und weil er der erste Sänger da oben war, reklamiert er gerne für sich, dass er damit ja eigentlich für das Ende der Teilung verantwortlich ist. Den Weg zu dieser großen Geste des Weltbürgers Hasselhoff und die Zeit danach beschreibt er in seinen Memoiren. Wie er als Junge durch Martin Luther King erfuhr, welche Macht ein Traum haben kann. Wie er Prinzessin Diana küsste und begriff, dass man auch in einer Ehe eingesperrt sein kann. Wie er Kindern mit "Knight Rider" spielerisch den Freiheitsbegriff näherbrachte und Pubertierenden mit "Baywatch". Wie ihm jemand riet, als Sänger Germany anzupeilen, weil da das Geld sitze. Und zwischendurch: Wie er sich um den Verstand soff, wieder und wieder. Die Folgen Weitere Abstürze folgen, der schlimmste darunter: ein Duett mit Andy Borg im Musikantenstadl, bei dem sie zusammen den Freedom-Song schmettern. Das Zitat "Nie zweifelte ich daran, dass ich eines Tages ein Star sein würde." Text: Claudia Fromme Im Bild: David Hasselhoff mit seiner neuen Freundin Hayley Roberts im August 2012 Das Buch: David Hasselhoff: "Wellengang meines Lebens", Verlag: Edition Koch, 2010.
Promi-Bücher als Krisenbewältigung
Paul Gascoigne
Die Krise Starker Alkoholkonsum noch während der Karriere als Profifußballer. Massiver Alkoholkonsum nach der Karriere. Wiederholte Blackouts. Suizidgefahr Der Titel "Glorious. My World, Football And Me" Der Inhalt Als kleiner Junge übt Gascoigne mit einem Tennisball, weil sich die Familie keinen Fußball leisten kann. Als er dann endlich mit dem großen Ball spielen darf, hat er sich eine derart feine Technik angeeignet, dass einer großen Karriere als Profi im Grunde nichts mehr im Wege steht. In der Schule passt er deshalb nicht mehr auf und übt stattdessen pausenlos seine Unterschrift, damit er aufs Autogrammegeben schon mal sehr gut vorbereitet ist. Während seiner Karriere säuft Gascoigne immer mehr. Manchmal spielt er sogar betrunken, aber meistens immer noch gut. Die Folgen Nach seiner Karriere rief Gascoigne mal in der Rezeption seines Hotels an und bestellte ein Messer, um sich umzubringen. In Bournemouth wurde er psychologisch behandelt, es geht ihm viel besser, er war zuletzt auf einem guten Weg. Das Zitat "Fußball, verdammte Scheiße. Ich glaube, Alex Ferguson hat das gesagt. Irgendwas in der Art. Es fasst mein Leben zusammen." Text: Christian Zaschke Das Buch: Paul Gascoigne: "Glorious. My World, Football and Me", Verlag: Simon & Schuster, 2011.