Modeschöpfer veröffentlicht Nietzsche:Also sprach Zar Lagerfeld

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Er hat Chanel revolutioniert, schlichte Sätze über Autos verloren, Models gehätschelt und sein Metier dennoch gehasst: Wie es kam, dass der berühmte Modedesigner nun eine Nietzsche-Ausgabe herausbringen will.

Willi Winkler

Als Karl Lagerfeld zwanzig Jahre alt war, verließ er seine Heimat und ging nach Paris. Hier genoss er des immer strahlenderen Lichts der Öffentlichkeit und wurde dessen fast sechzig Jahre nicht müde. Endlich aber verwandelte sich sein Herz, - und eines Morgens stand er mit der Morgenröte auf, trat vor den Spiegel und sprach zu dem Bild darin also: "Du großes Gestirn! Was wäre dein Glück, wenn du nicht die hättest, welchen du leuchtest!"

Karl Lagerfeld - des Treibens längst sterbensmüde. (Foto: Reuters)

"Hab' ich das gesagt?" gab die schwarze Sonnenbrille im Spiegel zurück, "das ist ja genial!" "Nein", versetzte der Lagerfeld draußen seufzend, "nein, das steht in diesem alten Buche" - Lagerfeld hob seine rare Erstausgabe von "Also sprach Zarathustra" gegen den Spiegel -, "Friedrich Nietzsche hat es geschrieben, aber ich wollt', es wär von mir! Einfach genial, der Mann!"

Die Sonnenbrille im Spiegel fasste Mitleid mit dem weltberühmten Designer. Chanel hatte er revolutioniert, schlichte Sätze über Autos, Models und jeden Krampf zwischen Monaco und Milano genäselt, aber er war des Treibens längst sterbensmüde.

Sein Verleger Gerhard Steidl hatte ihm immerhin zu neuem Ruhm als Photograph verholfen, aber wenn er sein neuestes Werk betrachtete, die Hochzeitsvorbereitungen bei den Grimaldis betreffend, wurde ihm speiübel. Eitel, alles eitel!

"Warum widmest du dich nicht ganz der Kunst?" frug ihn der Spiegel teilnahmsvoll. Lagerfeld seufzte wieder. "Es gibt Worte in mir, die einem Gotte noch das Herz zerreißen", zitierte er, doch anders als seinem geliebten Nietzsche würden sie ihm niemals einfallen.

"An etwas Ungeheures anknüpfen"

Dann machte er es eben wie bei seiner letzten Kollektion, das Alte einfach als neu ausgeben und raus auf den Catwalk in der Herbstsaison 2012. Im Bund mit Steidl würde er einen ganz neuen, ganzen, den Lagerfeld'schen, also "Nietzsches Nietzsche" herausbringen, zwölf Bände, texttreu, bibliophil und exklusiv selbstverständlich. Lagerfeld versenkte sich wieder in die Schriften des Philosophen und las seinem Spiegelbild dankbar vor: "Es wird sich einmal an meinen Namen die Erinnerung an etwas Ungeheures anknüpfen..."

© SZ vom 24.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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