Auch Obama wird da sein. Der erste schwarze Präsident der USA wird die Schere halten und das Bändchen durchschneiden, dann wird es voll werden in der großen Halle. 16 Jahre Bauzeit sind dann zu Ende - und mehr als hundert Jahre des Wartens: Als die ersten Pläne gemacht wurden für das, was diesen Samstag eröffnet wird, lebten in Amerika noch Menschen, die als Sklaven geboren worden waren. Für viele Afroamerikaner ist die Einweihung des Na tional Museum of African American History and Culture in Washington ein großer Tag. Für alle anderen Amerikaner sollte es einer sein.
Und für den Architekten dieses letzten großen Neubaus auf der Mall, dem heiligen Hain der amerikanischen Nation, was ist es für ihn?
Der Architekt steht bei einer Vorbesichtigung in der großen Empfangshalle seines Baus und gehört nicht ganz dazu. Alles um ihn herum ist auf eine spezifisch amerikanische Weise laut: die Journalisten, die endlich das letzte große Prestigeobjekt der nationalen Gedächtnisbildung in Augenschein nehmen wollen. Die Kuratoren, die ihre Ausstellungen anpreisen. Die Aufpasser, die streng diesen und jenen mahnen, noch sei dies hier eine Baustelle. All diese Stimmen knattern wie Stöckchen in der Fahrradspeiche. Der weiße Helm, den David Adjaye trägt, ist Sicherheitsvorschrift; er könnte aber auch zum Schutz vor dem über ihn hier nun hereinbrechenden Erwartungswahnsinn da sein.
Das Museum liegt wie ein Scharnier zwischen dem ersten Präsidenten der USA und dem aktuellen
Das Haus soll die Geschichte und Kultur der Schwarzen in den USA darstellen und rührt damit an Punkte, die bis heute spannungsgeladen sind: von der Ursünde der Sklaverei bis zur Rolle der Schwarzen in Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur und Politik der USA ist kaum etwas von dem, was hier gezeigt werden wird, wirklich museal im Sinne von: erledigt. Alles spielt noch eine Rolle, jeden Tag, oft genug in der Form von ausgemachten Eiertänzen, denn viele dieser Fragen sind nach wie vor heikel.
Auf der anderen Seite galt es, für diesen Inhalt eine Form zu finden, die sich zwischen den marmornen Monumenten des weißen Amerika an der Mall behaupten kann, ohne Fremdkörper zu bleiben. Kein Gebäude hier steht näher am weißen Obelisken des Washington Monuments, keines näher am Weißen Haus, das Museum liegt wie ein Scharnier zwischen dem ersten Präsidenten der USA und dem aktuellen.
Der Architekt, dessen Entwurf diese Aufgabe lösen sollte, steht nun still am Rande seiner Eingangshalle, besieht sich den Andrang und lächelt. Kann man jemandem jetzt die Frage stellen, wie groß bei allem Triumph auch die Enttäuschung ist? Zum Beispiel über diese Halle? Anders gefragt: Ist so etwas wie Architekturkritik möglich bei so einem Bau - oder wird schon das Ansinnen durch das schiere Gewicht seines Inhalts ausgehebelt?