Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Starker Auftritt als großer Zampano

Wie zum Teufel spielt man James Brown? Das von Mick Jagger koproduzierte Biopic "Get On Up" findet eine Antwort: Chadwick Boseman. Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht.

Von den SZ-Kinokritikern

Annabelle

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(Foto: AP)

Man muss "The Conjuring", den Überraschungshorrorhit des letzten Jahres nicht kennen, um auf den ersten Blick zu sehen, dass diese lebensgroße Holz-Gliederpuppe mit dem ausnehmend hässlichen Gesicht nicht in die Wohnung und schon gar nicht ins Kinderzimmer gehört. Ist es dämonischer Horror oder nur der Alptraum einer gelangweilten Hausfrau und Mutter in den Sixties? Der vom Kameramann zum Regisseur aufgestiegene John Leonetti erzählt die Vorgeschichte der Puppe und dekliniert dabei abgegriffene Genrekonventionen durch. Im Bild: Annabelle Wallis als Mia mit Puppe.

Dolphin Tale 2

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(Foto: Warner Bros Entertainment)

Flipper war gestern, heute gibt es "Winter". Die Tümmlerdame geriet 2005 in ein Netz, verlor ihre Schwanzflosse und wurde durch ihre Prothese bekannt - und einen Film von Charles Martin Smith. In der Fortsetzung kämpft die einsame Winter nun gegen den Pool-Blues. Der Film erzählt jüngeren Kinogängern von Zusammenhalt und Akzeptanz. Klar, ein paar Delfinsprünge in Slow Motion gibt's auch. Im Bild: Cozi Zuehlsdorff, Nathan Gamble.

The Equalizer

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(Foto: AP)

Der brave Baumarkt-Filialleiter Robert (Denzel Washington) liest in seiner Freizeit gerne die Klassiker der Weltliteratur, ist aber aufgrund seiner CIA-Vergangenheit auch ein talentierter Teilzeitkiller. Weshalb sein zweites Hobby die Beseitigung böser russischer Zuhälter und anderer Nachtschattengewächse ist. Antoine Fuqua inszeniert seinen Selbstjustiz-Thriller als feuchten Traum vom tatkräftigen Staatsbediensteten. Neu im Kino: "The Equalizer" vorgestellt im Video. Im Bild: Denzel Washington.

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(Foto: take 25 Pictures GmbH)

Horror im Kreis Dithmarschen! Michael Pate schickt eine Provinz-Blondine mit einer Weltanschauung, die jeden Redneck vor Neid erblassen lassen würde, auf die Jagd: Ein maskierter Massenmörder massakriert ihre Facebookfreunde. Ihr später moralischer Anfall kriegt trotzdem kein "like".

Ein Geschenk der Götter

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(Foto: Arsenal Filmverleih)

Gerettet durch Hochkultur! Die Probenarbeit zu einer "Antigone"-Aufführung verwandelt müde Langzeitarbeitslose in ein tolles Ensemble. Die in Ulm angesiedelte Mutmach-Story entwickelt sich wohl vorhersehbar, doch Oliver Haffner überrascht mit satirischer Schärfe und prägnanten Charakteren (hinreissend: Katharina Marie Schubert). Variantenreich bestückt er sein Figurenkarussell und lässt es prächtig wirbeln. Ein Interview mit dem Regisseur Oliver Haffner lesen Sie hier. Im Bild: Katharina Marie Schubert (Mitte).

Get On Up

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(Foto: dpa)

Wie zwängt man das Leben des "Godfather of Soul", der eigentlich hundert Leben führte, in zwei Stunden Leinwandspektakel? Gut, dass Tate Taylor diese Frage nicht in linearen Erzählstrukturen auflöst, sondern der Ambivalenz des James Brown mit vielen Zeitsprüngen und mosaikhaftem Chronisteneifer Genüge leisten will: Leider geht neben Brown, dem Showman, dem cholerischen Maniac und Bürgerrechtler, Brown, der Musiker ein wenig unter. Wie zum Teufel man diesen großen Zampano aber spielt, darauf findet das von Mick Jagger koproduzierte Biopic eine fulminante Antwort: Chadwick Boseman. Im Bild: Chadwick Boseman als James Brown.

Hirngespinster

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(Foto: dpa)

"Papa, was ist eigentlich eine Klapsmühle?", fragt das Töchterchen. Papa (Tobias Moretti), einst ein Star-Architekt, rollt die Augen. Er ist schizophren. Die Familie weiß nicht, wie sie mit der Krankheit umgehen soll. Der Film auch nicht und bietet sich im Betulichkeitsmodus eines TV-Problemfilms-der-Woche dar. Regisseur Christian Bach dramatisiert gefällig, wagt aber keinen Blick in die Abgründe des Wahns. Im Bild: Tobias Moretti als Hans Dallinger (rechts) und Jonas Nay als dessen Sohn Simon Dallinger.

Jack

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(Foto: dpa)

Jack ist zehn, aber fast schon ein Mann. Seine Mutter Sanne ist selbst noch zu jung, als Jack unbedingt ihr Hilfe bräuchte, ist sie nicht da. Edward Berger zeichnet das berührende Porträt eines Kindes in einer harten, gleichgültigen, überforderten Welt. Beeindruckend vor allem, wie Ivo Pietzcker den Jungen spielt - eine Entdeckung! Neu im Kino: "Jack" vorgestellt im Video. Im Bild: Ivo Pietzcker als Jack (links) und Georg Arms als dessen Bruder Manuel.

Lamento

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(Foto: missingFilms)

Ein Film über die Unfähigkeit zu trauern. Man erfährt spät, dass Magdalenas Tochter gestorben ist und wartet lange darauf, dass sie reagiert. Jöns Jönsson zeigt geschickt und teils berührend ihre Separation von ihrer Umgebung. Aber das ist auch die Grenze seines Films, den nur die brutale Blamage der Hauptfigur beenden kann. Im Bild: Gunilla Roor.

The Riot Club

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(Foto: dpa)

Um den Verstand saufen, Normalmenschen erniedrigen, Möbel kurz und klein schlagen - das sind die uralten Rituale des "Riot Club". Derart verruchte Geheimgesellschaften für steinreiche bzw. adlige Oxford-Studenten gibt es wirklich, selbst Premierminister David Cameron war mal Mitglied. Lone Scherfig nutzt das für effektive Hasspropaganda gegen die Upper Class. Neu im Kino: "The Riot Club" vorgestellt im Video. Im Bild: Sam Claflin als Alistair Ryle (links).

The Salvation

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(Foto: dpa)

Fast zwanzig Jahre nach der Verkündigung des Dogma-Edikts versuchen ein paar Jungs aus der damaligen Gruppe sich an einem Western. Kristian Levring führt Regie, Anders Thomas Jensen arbeitete am Drehbuch mit. Mads Mikkelsen, der TV-Hannibal-Lecter, ist ein Farmer aus Dänemark, dem ein paar Banditen Frau und Sohn ermorden. Als er zurückschlägt, gerät er in einen hässlichen Auge-um-Auge-Taumel. Kaltes Licht, sehr heimtückische Intriganten, Eva Green hält die Bande an kurzer Leine, unerbittlich stumm. Über allem der Geruch des neuen Goldrausches - ums schwarze Gold, das Erdöl.

Was bin ich wert?

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(Foto: Bildersturm-Film)

Eine Blutspende bringt nicht viel, Samen und Haare des Regisseurs will niemand kaufen. Peter Scharf nimmt den Begriff "Humankapital" wörtlich und fragt Ärzte, Anwälte, Friseure, Versicherungsmathematiker, Gesundheitsökonomen und andere Spezialisten, wieviel Geld er wert sei. Manche Antworten haben nur anekdotischen Wert, andere beleuchten Systeme der Menschenwert-Berechnung, die längst vielen Alltagsentscheidungen zu Grunde liegen.

Wish I Was Here

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(Foto: dpa)

Komische Familientragödie von Zach Braff, der sich als erfolgloser Schauspieler und überforderter Vater mit seinen Unzulänglichkeiten anfreunden muss. Schönes Pamphlet gegen den Selbstoptimierungs-Wahn. Eine ausführliche Filmrezension lesen Sie hier. Im Bild: Zach Braff als Adian Bloom (rechts), Joey King als Grace (Mitte) und Pierce Gagnon als Tucker.

© SZ vom 09.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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