Kinderbuch:Rosalies geheime Mission

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(Foto: N/A)

Ein Mädchen aus Frankreich erlebt den ersten Weltkrieg und versucht, die Briefe des Vaters zu lesen.

Von Franziska Augstein

Das Bilderbuch über die Geschichte von Rosalie passt gut zu einem alten britischen Vorurteil über Franzosen: Das seien große Denker, immer forsch dabei, den Lauf der Welt neu zu ordnen, mit dem Ergebnis, dass nichts besser werde aber alles immerhin unverständlich. Timothée de Fombelle hat eine Kindergeschichte geschrieben, die für kleine Menschen unverständlich ist

Der Autor setzt voraus, dass kleine Kinder über den Ersten Weltkrieg schon Bescheid wissen.

Das kleine Mädchen Rosalie vermisst seinen Vater. Der ist Soldat im Ersten Weltkrieg. Er schreibt Briefe aus dem Feld. Rosalie kann noch nicht lesen; die Mutter liest ihr die Briefe vor. Rosalie allerdings fürchtet, die Mütter könne ihr beim Vorlesen etwas vormachen. In der Schule, in der sie aufgenommen wird, obwohl sie eigentlich noch nicht das Alter dafür hat, stellt sie sich vor, ein Hauptmann zu sein, betraut mit einer Mission.

Der Autor setzt voraus, dass kleine Kinder über den Ersten Weltkrieg schon Bescheid wissen. Für kleine Franzosen mag das gelten, weil der Waffenstillstandstag 11. November in Frankreich ein Feiertag ist. Deutsche Kinder, auch wenn sie schon lesen können, sind darauf angewiesen, dass ältere Leute ihnen erklären, worum es geht.

Das Buch ist in Frankreich gepriesen worden - von Erwachsenen. Die Pointe: Rosalies "Mission" als geheimer Militär besteht darin, lesen zu lernen. Mit Verlaub: Lesen lernen steht bei heutigen Kindern, die vom Krieg nichts wissen (und deren Eltern so gebildet sind, dass sie dieses Buch kaufen), sowieso auf dem Programm. Ebensowohl könnten Kinder den Ruf "Räum dein Zimmer auf!" sich zur geheimen Mission machen. Aus Kindersicht gesprochen: Das ist ziemlich blöd.

Das Buch ist ausgestattet mit schönen Zeichnungen von Isabelle Arsenault, die zu denken und zu phantasieren geben. Wer Freude an Zeichnungen hat, wer Kinder in der Umgebung hat und die Geduld, ihnen die Geschichte zu erklären, mag es als Geschenk in Betracht ziehen.

Timothée de Fombelle: Rosalie. Als mein Vater im Krieg war. Mit Illustrationen von Isabelle Arsenault. Aus dem Französischen von Tobias Scheffler und Sabine Grebing. Gerstenberg 2020. 64 Seiten, 15 Euro.

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