Italien: Künstler vs. Berlusconi:Quanto costa?

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Schauspieler, Regisseure und Tänzer demonstrieren gegen Berlusconis Kulturpolitik und die Kürzung ihrer Mittel. Wird das Filmfest in Venedig bestreikt?

Henning Klüver

Schauspieler und Regisseure, Tänzer und Akrobaten, aber auch Bühnenarbeiter und Maskenbildner füllten am Montag die Piazza Montecitorio vor dem italienischen Parlamentsgebäude. Sie protestierten gegen eine weitere Kürzung der öffentlichen Kulturfinanzierung.

Silvio Berlusconi beim "Milano Med Forum" am Montag in Mailand. Vor dem Palazzo Montecitorio in Rom - dem Sitz der Abgeordnetenkammer des italienischen Parlaments - protestierten zu diesem Zeitpunkt die Künstler Italiens gegen seine Kulturpolitik der Kürzungen. (Foto: Foto: Reuters)

Der Einheitsfonds für die Veranstaltungskünste (FUS), mit dem der italienische Staat Oper und Theater, Ballett, Kino und sogar den Zirkus unterstützt, war bereits im vergangenen Jahr erheblich zusammengestrichen worden. Das neue Haushaltsgesetz, das im September verabschiedet werden soll, sieht eine weitere Kürzung um insgesamt 100 Millionen Euro vor.

"Nicht mehr solidarisch"

Betroffen sind nach Pressemeldungen insgesamt 200.000 Familien und 6000 Unternehmen. Vertreter einiger Spartenverbände, etwa die der Filmregisseure und Drehbuchautoren, riefen zum Boykott der kommenden Filmfestspiele von Venedig auf.

In einem offenen Brief wandte sich Sergio Escobar, Direktor des Mailänder Teatro Piccolo und Vorsitzender der Vereinigung der italienischen Stadttheater, Platea, direkt an Ministerpräsident Silvio Berlusconi und forderte ihn auf, die Kürzungen des FUS rückgängig zu machen.

In Kultur zu investieren, so Escobar, sei eine Investition in die Zukunft. Und ein Mittel, der durch die Globalisierung hervorgerufenen Sinnkrise zu begegnen. Wenn Italien dagegen weiter seine Kulturmittel kürze, würde das Land im internationalen Wettbewerb nicht mehr konkurrenzfähig sein.

Unter die Teilnehmer der Protestveranstaltungen hatten sich die großen alten Männer des italienischen Kinos wie Giuliano Montaldo oder Carlo Lizzani gemischt. Natürlich war auch Nanni Moretti dabei, der demnächst einen Dokumentarfilm über das italienische Mediensystem drehen will. Ebenso die bekannte Bühnenschauspielerin Mariangela Melato oder der TV-Star Sabrina Ferilli.

In vielen Beiträgen wurde der Rücktritt von Kulturminister Sandro Bondi gefordert, der trotz gegenteiliger Ankündigungen den verschiedenen Kürzungsforderungen des Finanzministers immer wieder klein beigegeben hatte.

Der Aufruf zum Boykott der Filmbiennale hat großen Widerspruch evoziert. Während ein Bühnen- und Leinwandstar wie Michele Placido den Aufruf unterstützte, wurde er von vielen kritisiert: Damit würde man sich nur selber schaden. Regisseur Carlo Verdone riet, "Venedig zum Schaufenster unseres Protests" zu machen. Der Boykott sei "keine gute Idee", sagte auch Carlo Lizzani. Und Mario Monicelli, mit 94 Jahren der Dekan des italienischen Kinos, der 1968 in Venedig eine historische Protestveranstaltung gegen das Festival mitorganisiert hatte, beklagte die Fragmentierung und Isolierung der einzelnen Künstlergruppen: "Das Publikum ist nicht mehr solidarisch mit uns."

© SZ vom 22.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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