Gründer der Documenta:Neuanfang mit historischem Ballast

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Werner Haftmann (l.) und Arnold Bode (mit Hut) auf der Documenta 1964. (Foto: documenta archiv/Wolfgang Haut, Frankfurter Allgemeine Zeitung)

Arnold Bode und Werner Haftmann legten den Grundstein für die heute weltweit größte Schau zeitgenössischer Kunst. Entgegen der Absicht blieb der Nationalsozialismus lebendig.

Von Evelyn Pschak von Rebay

Es ist ein aufschlussreicher Brief, den der Kunsthistoriker Werner Haftmann im Mai 1963 an einen Kunstsammler schrieb. Vor dem Hintergrund einer Ausstellung im New Yorker Jewish Museum geriet Haftmann mit in einen "Wirbel", wie er sagte: Drei Gemälde Emil Noldes wurden damals in New York gezeigt - und dem Kunstexperten vorgeworfen, er habe "die Nazi-Vergangenheit Noldes bewußt (sic) verschwiegen". Was der spätere Gründungsdirektor der Neuen Nationalgalerie in Berlin im Brief auch unumwunden zugab: "Tatsächlich ist das richtig und ich habe kein Argument dagegen." Und er löste dennoch das Kunstwerk los vom Erschaffer und dessen Überzeugungen: "Schließlich tat ich's, weil so etwas ja nichts mit dem Maler zu tun hat." Ein Räsonnement, das impliziert, dass wahre Kunst über allem Politischen steht, da müsse man nur, so Haftmann, "den Bildern vertrauen". Und überhaupt: "Zu tun ist da nichts weiter, als den Mund zu halten."

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Und Bilder können es deswegen auch nicht sein - das führt die Documenta seit 66 Jahren vor Augen. Immer wieder belebte sie Protestbewegungen, Künstler und Kritiker, die aufbegehrten. Über eine Großveranstaltung, die nie versucht hat, unpolitisch zu sein.

Von Kia Vahland

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