Deutscher Alltag:Vorübergehende Dreifaltigkeit

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Die neue SDP-Troika: Steinbrück, Steinmeier und Gabriel sind jetzt gewissermaßen Onkel, Schwager und unheiliger Geist der Partei. Wobei einer von ihnen sich so nachhaltig von der SPD distanziert, dass ihr wohl nichts anderes übrigbleiben wird, als ihn zum Kanzlerkandidaten zu machen.

Kurt Kister

Weil sich das Christentum in diesem Lande leider auf dem Rückzug befindet, ist es manchmal nötig, an gewisse Grunddinge zu erinnern. Zum Beispiel glaubt der Christ an die Dreifaltigkeit Vater, Sohn und Heiliger Geist. Deren genaue Ausgestaltung war jahrhundertelang unter den Christen sehr umstritten, über Wesenseinheit oder Wesensgleichheit debattierten die Kirchenväter heftigst. Das erinnert, man verzeihe den harschen Übergang, an die SPD. Auch sie befindet sich auf dem Rückzug. Allerdings glaubt der Parteivorstand wieder einmal, hinten sei vorne, sodass er den Rückzug für einen Angriff hält.

Also, Spaß haben sie ja schon mal, auf der Bundespressekonferenz am Montag zum Thema "Europa in der Krise": der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel und der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Walter Steinmeier (v.l.). (Foto: dpa)

Außerdem traten in dieser Woche drei Männer miteinander auf, die so etwas Ähnliches sind wie die vorübergehende Dreifaltigkeit, trinitas pro tempore, der Sozialdemokraten. Es handelt sich um Steinbrück, Steinmeier und Gabriel, gewissermaßen und durchaus in dieser Reihenfolge, Onkel, Schwager und unheiliger Geist der SPD. Eine Debatte über ihre Wesensgleichheit führen zu wollen, lohnt sich nicht, weil man sicher sein kann, dass Steinmeier und Steinbrück sehr unterschiedlich sind, wohingegen man bei Gabriel nicht genau weiß, ob er überhaupt ein Wesen ist und wenn doch, was für eines.

Weil längst alle richtigen und falschen politischen Urteile über das Trio gefällt sind, bleibt dem Laien eigentlich nur die Beurteilung des äußeren Anscheins. Kein Zweifel, Steinmeier ist jener, dem man am meisten vertrauen könnte, wäre nicht auch er mittlerweile eine Art Politiker geworden. Trotzdem sieht er immer noch aus wie der, der schon seit Jahren zu Fielmann geht, was angesichts all der Hallodris von Guttenberg über Brüderle bis Gysi angenehm ist. Steinbrück wiederum ist ein Mann, der mutwillig Talleyrand zitiert und mit Helmut Schmidt, dem Ältestkanzler, das Glücksspiel Schach betreibt. Er distanziert sich so nachhaltig von der SPD, dass dieser Partei wahrscheinlich nichts anderes übrigbleiben wird, als ihn zum Kanzlerkandidaten zu machen. Die SPD fährt am besten, wenn die Wähler meinen, das Spitzenpersonal habe nicht zu viel mit der Partei zu tun.

Und dann ist da noch Gabriel, der oft so aussieht, als sei er eben aus dem Urlaub gekommen. Gerade jetzt hat er wieder einen Teint, der es auch phänotypisch als möglich erscheinen ließe, dass Gabriel dem Kabinett Chávez angehörte. Gabriel ist drei Jahre jünger als Steinmeier, was ihn im Vergleich zu Steinbrück zu einem jungen Talent macht, wenn auch nur äußerlich. Junge Talente muss man pflegen. Aber, wie die Fälle Schröder, Kristina und Rösler, Philipp zeigen, sollte man sie nicht zu früh in die Verantwortung lassen.

© SZ vom 23.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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