Filmpreis César:Intransparenz statt "Intrige"

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Der Vorstand der César-Akademie hat hingeworfen, um den gewünschten Reformprozess zu ermöglichen. (Foto: AFP)

Der Vorstand des französischen Filmpreises César ist zurückgetreten. Roman Polanski und sein neuer Film sind aber wohl nicht der Grund.

Von Susan Vahabzadeh

Seit 1975 verleiht die Académie des Arts et Techniques du Cinéma Filmpreise, die Césars, französische Oscars sozusagen, am 28. Februar wird es wieder so weit sein. Doch seit im Januar die Nominierungen bekannt gegeben wurden, kommt die Académie nicht zur Ruhe. Der große Favorit ist Roman Polanskis Film "Intrige", und weil gegen Polanski seit vergangenem Herbst neue Vergewaltigungsvorwürfe im Raum stehen, gab es Proteste, und die wird es wohl auch am Abend der Verleihung geben. Dass am Donnerstagabend der Vorstand der Académie geschlossen zurücktrat, hat damit aber nicht viel zu tun. Der Auslöser war vielmehr ein offener Brief, den Le Monde am Montagabend veröffentlichte. Unterschrieben haben ihn mehrere Hundert Filmschaffende, die allesamt selbst zu den 4700 Mitgliedern der Académie gehören, darunter Michel Hazanavicius, Agnès Jaoui, Bertrand Tavernier, Bérénice Bejo und Céline Sciamma.

Das Drama um "Intrige" ist ein Problem für die Académie, aber offensichtlich nicht das einzige. Polanski wird in dem Schreiben gar nicht erwähnt, wohl aber ein Vorfall, der Claire Denis und Virginie Despentes betrifft. Beide Filmemacherinnen sind Feministinnen und waren von der Führungsclique der Académie ohne Begründung von einer Veranstaltung ausgeschlossen worden, bei der die Nominierungen präsentiert werden. Den Unterzeichnern geht es um Transparenz: Warum, wollen sie wissen, dürfen sie eigentlich ihren Vorstand nicht wählen oder sonst wie an seinen Entscheidungen partizipieren? Und was passiert eigentlich genau mit ihren Mitgliedsbeiträgen? Die Académie ist eine private Organisation, das Kulturministerium hat keinerlei Einfluss. Es bedürfe, steht in dem Brief, dringend grundlegender Reformen. Und nicht nur einer Parität in der Führungsclique, die Vorstandschef Alain Terzian unlängst in Aussicht gestellt hat, hergestellt wiederum in einem undurchsichtigen Auswahlverfahren. Der Vorstand hat als Antwort hingeworfen, um dem gewünschten Reformprozess nicht weiter im Weg zu stehen.

Beim Rücktritt des Vorstands geht es um Intrigen, und nicht um den Film "Intrige"

Über die Preise abzustimmen war also bislang wohl das Einzige, was die Mitglieder durften. Es kann immer noch sein, dass Polanskis Film einen oder mehrere Césars bekommt, seine Darsteller Jean Dujardin und Louis Garrel zum Beispiel, oder sein Kameramann Pawel Edelman - oder vielleicht sogar er selbst. Über eine solche Entscheidung kann und sollte man dann streiten.

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Unter anderem, weil Roman Polanskis Film "Intrige" zwölf Mal nominiert ist. Es solle der Weg freigemacht werden für eine Erneuerung, teilt das Gremium mit.

Die Frage aber ist, wie weit ein solcher Streit geht. Man kann das ganz gut an einem Beispiel erklären: 1999 wurde Elia Kazan, der das legendäre Actors Studio gegründet und bei "Die Faust im Nacken" (1954) und "Endstation Sehnsucht" (1951) Regie geführt hatte, von der amerikanischen Academy mit einem Ehrenoscar bedacht. Eine kontroverse Entscheidung. Als ihm während der Zeremonie die Trophäe überreicht wurde, standen manche im Saal applaudierend auf - Warren Beatty beispielsweise, Meryl Streep und auch Kathy Bates. Andere blieben sitzen, ohne zu klatschen, mit ernsten Gesichtern - Nick Nolte gehörte da dazu, Ed Harris und Ian McKellen. Viele in Hollywood fanden es damals geschmacklos, Kazan zu ehren, und dann auch noch für sein Lebenswerk. Denn Kazan hatte 1952, nach einer Verwandlung vom Kommunisten zum strammen Antikommunisten und mitten in der McCarthy-Ära, vor dem Ausschuss für unamerikanische Umtriebe ausgesagt und Kollegen des falschen Gedankenguts bezichtigt. Karrieren zerstören, Berufsverbote - er befürwortete das.

Niemand hat damals allerdings dafür plädiert, gleich das ganze Werk Elia Kazans zu verteufeln - gerade jene, die die Ehrung ablehnten, wussten ja, dass Berufsverbote ein gefährliches Mittel sind.

© SZ vom 15.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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