Carl-Friedrich-von-Siemens-Stiftung:Unter Männern

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Juristin und Kulturpolitikerin: Isabel Pfeiffer-Poensgen. (Foto: Anke Waelischmiller/IMAGO/Sven Simon)

Die Kulturpolitikerin Isabel Pfeiffer-Poensgen wird neue Geschäftsführerin der Münchner Carl-Friedrich-von-Siemens-Stiftung.

Von Jörg Häntzschel

Nach den Personalquerelen und Enthüllungen der letzten Monate beginnt in der Münchner Carl-Friedrich-von-Siemens-Stiftung eine neue Ära: Die Juristin Isabel Pfeiffer-Poensgen wird neue Geschäftsführerin und tritt damit die Nachfolge von Marcel Lepper an, der im vergangenen Februar aus bis heute nicht plausibel erklärten Gründen fristlos entlassen wurde. Das teilte die Stiftung am Mittwoch mit. Pfeiffer-Poensgen hat sich als versierte und engagierte Kulturfunktionärin und -politikerin einen Namen gemacht: Von 2004 bis 2017 leitete sie die Kulturstiftung der Länder. Anschließend war sie fünf Jahre lang Ministerin für Kultur und Wissenschaft in Nordrhein-Westfalen.

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In der einst rechtslastigen Münchner Carl-Friedrich-von-Siemens-Stiftung sprachen die bekanntesten Wissenschaftler. Bezahlt wurde ordentlich - und in kleinen Scheinen. Auch sonst reibt man sich bei näherer Betrachtung der feinen Institution die Augen.

Von Jörg Häntzschel und Felix Stephan

Ihre Professionalität hat die finanziell hervorragend ausgestattete gemeinnützige Stiftung dringend nötig. Deren erste beiden Chefs Armin Mohler und Heinrich Meier führten sie als Privatkolleg und verschworene Professorenloge. Insider berichteten von zweifelhaften finanziellen Praktiken, Intransparenz und Kungelei.

Das Beharrungsvermögen der alteingesessenen Stiftungsgranden bewies sich erst jüngst

Diese Umstände, wie auch die Tatsache, dass nach den Enthüllungen der SZ und anderer Medien kein einziges Gremienmitglied zurücktrat, dürften der Grund gewesen sein, dass es acht Monate dauerte, eine Nachfolge für den geschassten Marcel Lepper zu finden.

Ob Pfeiffer-Poensgen, geboren 1954, die dringend nötige Verjüngung der Stiftung und ihres Publikums gelingen kann, bleibt abzuwarten. Ansonsten aber bringt sie vieles mit, was der elitären Institution, die in einer Villa am Nymphenburger Schloss residiert, guttut: Sie gehört weder dem Münchner Wissenschaftsklüngel an, noch einer Partei, nimmt auch Menschen ernst, die keinen Lehrstuhl innehaben - und sie ist eine Frau. Sowohl der Vorstand als auch der Stiftungsrat sind ausschließlich mit männlichen Professoren besetzt.

Auf Pfeiffer-Poensgen wartet nun ein ganzer Berg von Aufgaben: Aufzuarbeiten sind nicht nur die Finanz- und Verwaltungspraktiken der jüngeren Zeit, sondern auch die politische Geschichte der Stiftung, die bis in die Achtzigerjahre hinein als Think-Tank der Neuen Rechten galt. Dass Marcel Lepper, der dies schon angestoßen hatte, nur elf Monate nach seiner Amtseinführung auf die Straße gesetzt wurde, konnte man als Zeichen für das Beharrungsvermögen der alteingesessenen Stiftungsgranden verstehen.

Anmerkung der Redaktion: In der Erstfassung dieses Beitrags konnte der Eindruck entstehen, die Carl-Friedrich-von-Siemens-Stiftung hätte für die Entlassung des ehemaligen Geschäftsführers bislang keine Gründe genannt. Die Stiftung hatte aber in einer Stellungnahme von April 2023 Gründe genannt. Darin hieß es allerdings nur, dass die Trennung aufgrund eines "massiven Fehlverhaltens in der Personalführung" erfolgte.

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