Sprachlabor:Preußen ans Ruder!

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Ferner: Was hat "proaktiv", das "aktiv" nicht hat?

Von Hermann Unterstöger

DARF MAN DAS? Unser Leser Sch. (1) fragt, ob man die Schiffe auf dem Starnberger See als "Dampfer" bezeichnen dürfe und ob die "Bootsverleiher" dort nicht in Wirklichkeit erwerbsorientierte "Bootsvermieter" seien. Ad 1: Ohne Rücksprache mit dem Kgl. Bayer. Marineministerium gestattet diese Kolumne die umgangssprachliche Verwendung des Begriffs Dampfer für Schiffe der "weiß-blauen Flotte", und würden diese gleich von versklavten Preußen mit Rudern angetrieben. Ad 2: Das Verleihen ist bei Bootsverleihern so kostenpflichtig wie bei Kostümverleihern, wobei Herr Sch. natürlich recht hat, wenn er bei der Leihe an Unentgeltlichkeit denkt (§ 598 BGB). Freilich gilt auch, dass man laut § 601 BGB zum Beispiel ein entliehenes Pferd "erhalten", also füttern muss. Auf Boote lässt sich das nicht eins zu eins übertragen, hierbei handelt es sich eher um Miete (§ 535 BGB). Und damit "Klar Deck überall", wie unser UvD immer sagt.

DASS DER GENERALSEKRETÄR "der ranghöchste Prügelknabe der Partei" zu sein habe, ließ Leser N. an Generalsekretäre denken, die eher "Schlägertypen" als Prügelknaben gewesen seien. Allerdings zeige die Praxis, dass der Schläger bei Missmanagement schneller zum Prügelknaben wird, als ihm lieb ist. Der Sprachfreund N. hat insofern seine Freude an der Sache, als hierbei zu sehen sei, wie "zwei aus denselben Wortfeldern - körperliche Gewalt bzw. männliche Person - zusammengesetzte Begriffe fast gegensätzlich gebraucht werden".

DIE MEISTEN MEDIEN sind davon abgekommen, sich von dem wichtigtuerischen Wort proaktiv durch Gänsefüßchen zu distanzieren. Leser Sch. (2) bedauert das und findet, dass aktiv auch ohne Vorsilbe Bedeutungen wie rührig, tatkräftig oder unternehmend in sich fassen und übermitteln könne. Der famose Kollege Jörg Thomann (FAS) hat in seinen nicht minder famosen "Herzblatt-Geschichten" die Tatsache, dass Cathy Hummels das Gesicht ihres Sohnes (5 Jahre) künftig "nicht mehr proaktiv auf Instagram zeigen" werde, dahingehend interpretiert, dass sie derlei Bilder "nur noch ganz spontan oder aus Versehen" posten werde.

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