IN DEN SEDIMENTSCHICHTEN der Zeitungssprache finden sich Begriffe wie "die nach oben offene Richterskala" oder "die halbamtliche Zeitung al-Ahram", bei denen sich schon in den Zeiten ihrer Blüte kaum jemand fragte, ob sie ihren Zweck auch erfüllen könnten, wenn sie oben geschlossen respektive vollamtlich wären. Man nahm sie hin wie bei Homer die schmückenden Beiwörter "listenreich" (für Odysseus) oder "rosenfingrig" (für Eos, die Göttin der Morgenröte). Diesem Genre scheint, wenn es nach unserem Leser St. und seinem Sprachgefühl geht, auch das Wort "gesichert" zuzugehören: nicht generell, wohl aber in der mittlerweile "gebetsmühlenartig wiederholten" Formel von "gesichert rechtsextremen" Personen oder Organisationen.
In der Tat hört sich das Beiwort hier an, als sollten die Betroffenen nicht nur präzise definiert werden (wofür "rechtsextrem" ausreichte), sondern sozusagen gesichert präzise. Hinter der von den Medien unisono weiterverbreiteten Formulierung steckt, man ahnt es, der Verfassungsschutz, der Fälle von Extremismus dreifach abstuft: als Prüffall, als Verdachtsfall und als Fall einer gesicherten extremistischen Bestrebung. Klingt sehr bürokratisch, ist aber wohl notwendig, um dem Verfassungsschutz unterschiedlich drastische Mittel der Informationsbeschaffung an die Hand zu geben.
"NICHTS ERGIBT MEHR SINN." Nichtsdestoweniger entdeckte Leser Dr. S. in diesem Zitat einen Doppelsinn. Es müsse, da in deutschen Sätzen der "Sinnschwerpunkt" teils am Anfang, teils am Ende liege, so verstanden werden, dass nichts mehr Sinn ergebe, als dies oder das zu tun. Gemeint sei aber gewesen, dass nichts mehr Sinn ergebe, also alles sinnlos sei. Da das Zitat aus einem (noch dazu auf Englisch geführten) Gespräch stammte, ist anzunehmen, dass die Vergeblichkeit, von der an dieser Stelle die Rede war, herausgehört werden konnte, so wie ja auch bei einem schnell hingesagten "Nichts ist heutzutage mehr wie früher" klar ist, dass mehr zu nichts gehört und nicht zu wie früher. Herr Dr. S. legt dennoch Wert darauf, dass in geschriebenen Texten die Wortstellung zu leisten habe, was in der freien Rede die Betonung tut.