Sprachlabor:Käse, veredelt

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Ferner: Das Nervende am Darauf-Zurückkommen.

Von Hermann Unterstöger

WAS DIE LEBENSMITTEL angestellt haben, dass sie "prozessiert" wurden, weiß kein Mensch. Dafür weiß unser Leser Dr. D., dass "prozessierte Lebensmittel" dort gedeihen, wo zur Erzielung weltweiter Resonanz auf Englisch verhandelt und publiziert wird, mit der Folge, dass viele englische Termini später im Deutschen neue und falsche, zumindest seltsame Begriffe erzeugen. Die prozessierten Lebensmittel verdanken ihre Entstehung dem Verb to process, das verarbeiten oder veredeln bedeutet und im Schmelzkäse - processed cheese - schön zur Geltung kommt. Es handelt sich also um mehr oder weniger stark verarbeitete Lebensmittel, und diese sind, wie man hört, nach Möglichkeit ebenso zu meiden wie der halbherzige Anglizismus.

IN LESERKREISEN tendiert man manchmal zu einer zwar präzisen, aber dabei auch recht engen Sicht auf die Bedeutung von Wörtern. Beim "Blick auf eine Wiese mit losem Baumbestand" fragte sich Leserin T., ob die Bäume über dem Boden schwebten oder sich womöglich gar flittchenhaft benähmen. Dies alles steckt natürlich in dem Adjektiv lose, doch blendet Frau T. aus, dass da noch mehr ist. In Thomas Manns "Königlicher Hoheit" sagt der junge Klaus Heinrich etwas Boshaftes gern, wenn er "den losen Halbkreis" seiner Kameraden um sich hat. Diese Runde darf man sich wie besagten losen Baumbestand vorstellen.

DEN SOFORTIGEN und ersatzlosen Verzicht auf Floskeln wie "Mehr davon später" fordert unsere davon genervte Leserin Sch. Man kennt derlei Wendungen aus Reden, wo sie nur noch von ihrem schrecklichen Bruder, der Drohung "Ich komme darauf zurück", übertroffen werden. Für heute nur ein paar statistische Aufschlüsse. In den letzten zehn Jahren hatten die Medien einen klaren Hang zu der Floskel "(Aber) dazu später mehr"; in weitem Abstand folgten "Davon später mehr", "Mehr dazu später", "Aber davon später", "Wir/Ich komme(n) darauf zurück" und "Mehr dazu weiter unten". Einmal wurde auch "Mehr dazu ein andermal" verwendet, und zwar von Eleonore Büning in der FAZ, wo sie tatsächlich schon vier Monate später auf das Thema zurückkam.

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