Andreas Scheuer in Florida:Bayerische Außenpolitik, die keiner braucht

Lesezeit: 3 min

Nun auch umstrittener CSU-Außenpolitiker: Andreas Scheuer. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Nach dem Maut-Desaster nun ungefragt auf problematisches Parkett mit einem fragwürdigen Populisten in den USA. Der CSU-Politiker erntet neuerliche Kritik.

"Scheuer schimpft über ,grüne Gesprächspolizei" nach Florida-Reise" vom 9. Mai:

Schockierender Populismus

Das Erschreckende an dem Besuch von Andreas Scheuer, Dorothee Bär und Florian Hahn bei Floridas Gouverneur DeSantis ist nicht die Tatsache, dass sie dort waren, sondern dass Herr Scheuer im Anschluss verkündet: "Ich teile die Analysen von DeSantis. Das mag einige schockieren. Aber dazu stehe ich". Und dann noch eins drauflegt: "Die Menschen, die ich treffe, haben ganz andere Sorgen als Klimahysterie oder Genderfragen."

Nun ist Herr DeSantis nicht unbedingt bekannt für tief greifende Analysen, sondern eher für seinen fundamentalistisch-evangelikalen, illiberalen und Minderheiten ausgrenzenden Populismus. Und er hat zudem während der Corona-Pandemie mehr den Eindruck eines Verschwörungstheoretikers hinterlassen als den eines sich um die Gesundheit der Menschen sorgenden Politikers. Wenn Herr Scheuer also diese Art von "Analysen" teilt, kann einem schon Angst und Bange werden.

Und wenn Herr Scheuer dann noch von "Klimahysterie" spricht, weiß man, wohin dieser als Bundesverkehrsminister mit seiner Maut, die den Steuerzahler viele hundert Millionen Euro gekostet hat, kläglich gescheiterte Politiker abgedriftet ist. Da stellt sich einer auf die Seite der Klimawandel-Leugner und wertet alle wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Klimawandel ab. Denn auch diese meinen ja, dass Energiewende, Artenschutz und Umweltprogramme nur eine hysterische Reaktion auf einen gar nicht oder nur moderat stattfindenden Klimawandel seien.

Vielleicht hätte Scheuer mit DeSantis besser über die Millionensummen sprechen sollen, die in Florida jedes Jahr ausgegeben werden müssen, um die extremsten Auswirkungen des Klimawandels durch Hurrikane und Überschwemmungen abzumildern, ohne dass jedoch das grundlegende Problem des Klimawandels selbst angegangen wird. Oder mal mit den Menschen in Pakistan reden, die seit vergangenem Jahr unter riesigen Überschwemmungen leiden, nicht zuletzt verursacht durch den Klimawandel, oder mit Menschen in Äthiopien, die durch die extreme Dürre alles verlieren und verhungern, auch das eine Folge des Klimawandels. Sind diese Menschen Hysteriker und sollten das Ganze nicht so eng sehen?

Im Prinzip kann man über Scheuers Statements eigentlich nichts anderes als schockiert sein. In diesem Punkt hat er ausnahmsweise sogar mal recht.

Thomas Armbrüster, Erding

Notorisch peinlich

Reisen bildet, insofern ist die - übrigens wohl von Steuergeldern finanzierte - Reise des Passauer CSU-Bundestagsabgeordneten Andreas Scheuer, der in seinen früheren Homepages als Beruf "Lehrer" angegeben hat, an sich eine späte, eigentlich begrüßenswerte Bildungsmaßnahme. Dass der Mann, der als Verkehrsminister eine halbe Milliarde Euro "vermautet" hat, sich nun mit seiner Entourage zu einem außenpolitischen Schnupperkurs verstieg, ist geradezu peinlich und irrig, wie Ihr Kommentator Sebastian Beck treffend bemerkt. Die Außenpolitik ist eigentlich nicht die Aufgabe einer fragwürdigen bayerischen Provinzgröße, die schon genug Schaden angerichtet hat. Wer lernt daraus?

Rüdiger Herrmann, Neuhaus am Inn

Bayerns Außenpolitik - ein Traum

Man kann nur sagen: Endlich! Endlich sorgt Andreas Scheuer mit seinen profunden außenpolitischen Erfahrungen dafür, dass Klarheit ins verworrene Weltgeschehen kommt! Sein Vorschlag an den amerikanischen Präsidentschaftskandidaten und Trump-Jünger DeSantis, eine "gemeinsame amerikanisch-europäische Strategie mit den Asien-Pazifik-Staaten" zu entwickeln, lässt aufhorchen und lädt zum Träumen ein. In bekannter diplomatischer Manier hält er seine eigentliche Idee einer "amerikanisch-bayerischen Strategie für den Pazifischen Raum" noch zurück. Scheuer soll aber bereits an Bayerns Zugang zu den Weltmeeren arbeiten. Die Flotten von Starnberger und Ammersee sollen zusammengelegt und entweder über den Main-Donau-Kanal in die Nordsee oder durch den gefluteten Brennertunnel und über die zu Aquädukten umfunktionierten Autobahnbrücken in die Adria verlegt werden. Verhandlungen mit den betroffenen Staaten stehen noch aus. Die Chiemsee-Flotte wird als Reserve und zur Verteidigung unserer bayerischen Heimat zurückgehalten. Chinas Xi Jinping reagiert höchst beunruhigt und beruft seinen Beraterstab ein. Er soll sich an Scheuers Büro mit der Bitte um ein Treffen mit dem Chef wenden. Chef Scheuer schlägt Kloster St. Emmeram in Passau oder alternativ das Hacklberger Bräustüberl in Vilshofen als Treffpunkt vor. Angeblich soll Xi sich bemühen, Scheuer auszureden, die Tölzer Gebirgsschützen in Alarmbereitschaft zu versetzen. Im Gegenzug würde er Shanghai an Taiwan übergeben. Es steht zu hoffen, dass Scheuers Bemühen um Frieden und Ordnung in der Welt außerhalb Bayerns Früchte tragen und entsprechende Anerkennung finden wird. Wie haben Scheuer, wozu brauchen wir noch die UNO - ein Traum, oder?

Hansjörg Hägele, Gauting

Hinweis

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion, sie dürfen gekürzt und in allen Ausgaben und Kanälen der Süddeutschen Zeitung , gedruckt wie digital, veröffentlicht werden, stets unter Angabe von Vor- und Nachname und dem Wohnort. Schreiben Sie Ihre Beiträge unter Bezugnahme auf die jeweiligen SZ-Artikel an forum@sz.de . Bitte geben Sie für Rückfragen Ihre Adresse und Telefonnummer an. Postalisch erreichen Sie uns unter Süddeutsche Zeitung, Forum & Leserdialog, Hultschiner Str. 8, 81677 München, per Fax unter 089/2183-8530.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: