"Versöhnungsaufruf und Albträumereien" vom 29. Februar, "Die Botschaft kommt nicht an" sowie "Über die Schwere des Leichten" (Seite 3) vom 1. März:
Ausgrenzung rächt sich
In seiner Fastenpredigt fragte der Kabarettist Maxi Schafroth, was wäre, wenn alle Menschen mit Migrationshintergrund einen Tag streikten? Das malen wir uns lieber nicht aus. Vor diesem Hintergrund ist die immer salonfähiger werdende Ausländerfeindlichkeit nicht begreifbar. Sehen die Deutschen denn nicht, was diese Menschen in der Pflege, in der Industrie, auf dem Bau und so weiter leisten?
Klar, uns sind die ausgebildeten Fachkräfte mit ordentlichen Aufenthaltstiteln am liebsten. Nur, da kommen wegen der miesen Stimmung hierzulande viel zu wenige. Allein in der Pflege werden bis 2030 bis zu einer halben Million Fachkräfte fehlen, warnen Pfleger und Ärzte seit Jahren. "Die Mehrheit der hier arbeitenden philippinischen Pflegefachkräfte würde befreundeten Kolleginnen die Arbeit in Deutschland nicht empfehlen", war das Ergebnis einer Befragung unter 224 philippinischen Fachkräften. Zwei Drittel machten rassistische oder diskriminierende Erfahrungen.
Die Asylpolitik insbesondere hier in Bayern ist schwer zu begreifen. Über Jahre gibt es rigide Arbeitsverbote, regelrecht betteln mussten die arbeitswilligen Asylbewerber um Arbeitserlaubnisse bei den Landratsämtern. Jetzt plötzlich sollen alle arbeiten müssen. Statt die Menschen jahrelang herumsitzen zu lassen, hätte man längst einen großen Teil durch eine gute Integrationspolitik in Ausbildung und Arbeit bringen können. Flüchtlingshelfer fordern seit Jahren nicht nur die Aufhebung aller Arbeitsverbote, sondern auch eine kompetente Unterstützung bei der Arbeits- und Ausbildungssuche.
Man darf gespannt sein, wie sich der Arbeitsmarkt insbesondere in der Pflege in den nächsten Jahren entwickelt, wenn die unfreundliche und ausgrenzende Politik weiter so verbal hochrüstet, um es mit Schafroths Worten zu sagen. Der künftige Pflegenotstand wird uns fast alle treffen. Zu verdanken haben wir es auch unseren bayrischen Heimatpolitikern, die aus wahltaktischen Motiven Stimmung gegen schutz- und arbeitssuchende Mitmenschen macht.
Franz Leutner, Dorfen
Haberfeldtreiben mit Schadwirkung
Schafroths Fastenpredigt stößt bei Markus Söder und Hubert Aiwanger auf taube Ohren. Respekt, Anstand und Mäßigung im politischen Wettstreit sind für den Ministerpräsidenten und seinen Stellvertreter überholte Tugenden. Beide Herren sind auf Dauerwahlkampf gebürstet.
Aiwanger will in den Bundestag einziehen und buhlt um neue Wählerschichten, die ihm über die Fünf-Prozent-Hürde helfen. Seine Zielgruppe sind Protestwähler, die mit der AfD sympathisieren und bei denen er sich als Alternative zur Alternative anbiedert.
Söder richtet seinen Wertekompass nach dem Prozentsatz aus, den die Meinungsforschungsinstitute für die CSU ermitteln. Derzeit stehen die Umfragewerte der CSU bei 40 Prozent. Die 37-Prozent-Scharte der Landtagswahl ist ausgewetzt. Fundamentalopposition und Verunglimpfung der Bundesregierung zahlen sich aus und lenken gleichzeitig von den eigenen Fehlern und Versäumnissen ab. Kollateralschäden an der Demokratie, wie beispielsweise das Haberfeldtreiben gegen die Grünen, nimmt Söder achselzuckend in Kauf.
Roland Sommer, Diedorf
Wo bleibt der Anstand?
Maximilian Schafroth hat in einer inhaltlich und sprachlich hervorragenden Fastenpredigt den Politikern die Leviten gelesen. Überzeugend endete diese Predigt in dem Appell: "Habt's an Anstand ...!"
Leider gehört die charakterlose und zynisch arrogante Missachtung dieses geforderten Anstands seitens der betroffenen Politiker zu deren Verständnis des Nockherbergs als kostenloses PR-Spektakel. Beim anschließenden Stammtisch bemühte sich das Moderatoren-Duo Heller/Schöberl in gequälter und anbiedernder Weise darum, jeden Nachhall der ernsthaften Forderung nach Anstand in der politischen Auseinandersetzung zu verharmlosen und zunichtezumachen.
Josef und Maria Riedelsheimer, Marxheim
Negative Stimmungsmache
Die Nockherbergrede von Maxi Schafroth hat den Nagel auf den Kopf getroffen: Die politische Situation in diesem Lande entgleitet speziell durch Stimmungsmache einiger Boulevardblätter wie auch der AfD, von Teilen der Union und ebenso von Teilen der Ampel (Grüne und Mini-FDP) immer mehr ins Negative. Da kann man nur froh sein, einen ruhigen und so besonnenen Kanzler zu haben, der sich der "Vox Populi" auch widersetzt.
Franz-Josef Müller, München
Völlerei und Kraftmeierei
Ob die deutlichen Hinweise von Maxi Schafroth angemessen waren oder nicht: Die Adressaten kümmert das nicht. Die verbalen Entgleisungen von Söder und Aiwanger waren keine Ausrutscher, sondern gehören leider zum Tagesgeschäft. Deshalb darf es über eventuelle Wirksamkeit keine Illusion geben.
Wie kommt es, dass im angeblich so katholischen Bayern die Fastenzeit mit einer Orgie der Völlerei und des Bierkonsums bei gleichzeitiger verbaler Kraftmeierei begonnen wird, und eine Woche später der verpasste Fasching mit einer weiteren Orgie in einer Brauerei versucht wird nachzuholen? Hier, lieber Maxi, du hast es selber gesagt, hier haben wir es in der Hand abzurüsten. Wo leben wir denn?
Nächstes Jahr keine Hochämter des Starkbieres und der Lügen und Flüche. Dann wären auch die Bedenken gegen die Legalisierung des Cannabis glaubwürdig.
Karl Boscher, Unterschleißheim
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