München:Grenzwertige Diesel-Politik

Lesezeit: 2 min

Diesel-Fahrverbot: Die Stadt München könnte viel mehr tun für den Gesundheitsschutz, fordern zwei SZ-Leserinnen. Es sei nicht verboten, Grenzwerte auch mal zu unterbieten. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Zwei Leserinnen fordern von der Stadt mehr Gesundheitsschutz ein. Grenzwerte sind schön und gut, aber noch weniger wäre da mehr.

"München droht neue Debatte ums Dieselfahrverbot" vom 22. Februar:

Ungesundes Missverständnis

Eine Internistin hat mir einmal amüsiert davon erzählt, dass viele Patienten den Beipackzettel zu ihren Schilddrüsentabletten trotz klarer Ansage total missverstehen. Mit dem Essen solle man nach der Einnahme mindestens eine halbe Stunde warten. Klingt verständlich, oder? Trotzdem scheinen viele beflissen nach exakt einer halben Stunde, und keine Minute später, zu frühstücken - sogar Leute, die von sich aus nicht frühstücken würden ... Wozu die Anekdote? Mit dem Verständnis des Begriffs "Grenzwerte" scheint es bei vielen ähnliche Probleme zu geben.

Zur Info: "Grenzwert" bedeutet nicht, dass man unbedingt genau diesen Wert erreichen muss, und auch nicht, dass es okay ist, permanent knapp darunter zu eiern. Ein Grenzwert ist das erlaubte Maximum, aber viel besser wäre es, weit darunter zu liegen. Das scheint viele intellektuell zu überfordern, leider auch viele Politiker. Bezogen auf Feinstaub heißt das, dass ein Messwert von knapp unter 20 Mikrogramm nichts ist, worauf man sich ausruhen sollte.

Hier eine weithin unbekannte, sensationelle Tatsache: Es ist auch durchaus nicht verboten, den Wert Null zu erreichen! Feinstaub, um es schonungslos zu sagen, kostet Lebenszeit. Erwiesen ist zum Beispiel auch ein Zusammenhang zwischen Feinstaubgehalt in der Luft und Covid-Sterblichkeit. Sonst bricht ja immer allgemeine Rührung aus beim Stichwort "Menschenleben retten". Aber nicht, wenn man dafür auf das Suchtmittel Auto verzichten soll.

Susanne Tillich, München

Miserabler Schutz

Die EU verschärft die Grenzwerte für Luftreinhaltung, das war absehbar und ist dringend notwendig. Dennoch ist im Münchner Rathaus die Aufregung groß: Anne Hübner (SPD) hofft auf "angemessene Übergangsfristen" und Manuel Pretzl (CSU) fordert sogar den Oberbürgermeister auf, sich auf Bundesebene gegen diese Verschärfung einzusetzen. Da verschlägt es mir buchstäblich den Atem: dass Stickstoffdioxid (NO₂) und Feinstaub gesundheitsschädlich sind, weiß man seit zig Jahren. Die Grenzwerte der EU - ohnehin weit über den Grenzwerten der WHO - sind keine Schikane. Sie haben den Zweck, die Gesundheit der Menschen zu schützen. Was sind das für Stadtpolitiker, die sich dagegen wehren? Ist es nicht in erster Linie ihre Aufgabe, Bürger vor Krankheiten zu schützen?

Sonja Sachsinger, München

Hinweis

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion, sie dürfen gekürzt und in allen Ausgaben und Kanälen der Süddeutschen Zeitung , gedruckt wie digital, veröffentlicht werden, stets unter Angabe von Vor- und Nachname und des Wohnorts. Schreiben Sie Ihre Beiträge unter Bezugnahme auf die jeweiligen SZ-Artikel an forum@sz.de . Bitte geben Sie für Rückfragen Ihre Adresse und Telefonnummer an. Postalisch erreichen Sie uns unter Süddeutsche Zeitung, Forum & Leserdialog, Hultschiner Str. 8, 81677 München, per Fax unter 089/2183-8530.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: