Charlotte Knobloch:Kraftvoll und mit viel Empathie

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Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, beim Festakt zu ihrem 90. Geburtstag Ende Oktober. (Foto: Stephan Rumpf/Stephan Rumpf)

Ein SZ-Leser erinnert sich an eine Begebenheit in der Münchner Synagoge am Jakobsplatz, die zeigt, wie nahbar die prominente Zeitzeugin ist.

"Man kann sich nicht vorstellen, was Menschen Menschen antun" vom 29./30. Oktober:

In dem SZ-Artikel werden der Lebensweg und die zahlreichen Funktionen von Charlotte Knobloch in sehr beeindruckender Weise beleuchtet. Den nationalen und internationalen Laudatoren anlässlich ihres 90. Geburtstages möchte ich eine kleine persönliche Anekdote hinzufügen, die in meinen Augen exemplarisch die menschliche Empathie und ihr gesellschaftspolitisches Engagement in besonderer Weise zu kennzeichnen geeignet ist.

Vor einigen Jahren stand ich in meiner Eigenschaft als ehrenamtlicher Hobby-Stadtführer mit einer Gruppe von Grundschullehrern, aus ganz Bayern stammend, vor der neu errichteten Synagoge am Sankt-Jakobs-Platz und erläuterte die Geschichte der Juden in München. Zunächst völlig unbemerkt, hatte sich zu der Gruppe eine ältere Dame hinzugesellt, die, wie dann später bemerkt wurde, niemand anders als Charlotte Knobloch war. Mit den an die Teilnehmer der Stadtführung gerichteten Worten: "Sie sind eine so interessierte und nette Gruppe und ich möchte sie zu einer Führung mit mir durch die Synagoge einladen".

Total von dieser großzügigen Geste überrascht, durften wir mit unseren sonst nicht zugelassenen Taschen und Rucksäcken, unbeanstandet vom sichtbar überraschten Sicherheitspersonal, mittels des unterirdischen "Ganges der Erinnerung" die Synagoge besuchen. Charlotte Knobloch nahm sich mehr als eine Stunde Zeit, der Gruppe ausführlich und detailliert die Geschichte der Synagoge und die der Juden in München näher zu bringen.

Diese in meinen Augen ihre Persönlichkeit sehr kennzeichnende Geste zeigt mehr als alle lobenden Festtagsreden, wie Charlotte Knobloch trotz ihres Status als Prominente weiterhin als wichtige Zeitzeugin des Holocausts an der "Basis der Bevölkerung" zu wirken in der Lage ist. Trotz ihres hohen Alters ist sie für die "Erinnerungsarbeit" eine unverzichtbare Persönlichkeit, der man weiterhin viel Durchhaltevermögen und Kraft für diese wichtige Mission wünschen möchte.

Gert Hilger, Waldkraiburg

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