Bruno Jonas' Gastbeitrag:Ein wenig überzeugender Erklärungsversuch

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Erntet Widerspruch aus der Leserschaft: Der Kabarettist und SZ-Gastautor Bruno Jonas, hier auf einem Foto aus dem Jahr 2021. (Foto: Florian Peljak)

SZ-Leser halten die Kabarett-Auslegung des Künstlers für einen gut gemeinten, aber wenig tauglichen Hilfsdienst für die kompromittierte Kollegin Monika Gruber.

Zu "Kabarett, weder rechts noch links" vom 21. Juni:

Das Publikum, das man verdient hat

Im Gastbeitrag von Bruno Jonas und Friedrich Vollhardt, "Kabarett, weder rechts noch links", den auch Monika Gruber unterzeichnet hat, heißt es: "Das Publikum ist intelligent, gebildet und hat Humor."

Das konnte man auf wunderbare Art und Weise beim letzten öffentlichen Auftritt von Monika Gruber in Erding am 10. Juni beobachten. So findet man das Publikum, das man verdient hat.

Wolfgang Wied, Langenbach

Nicht auf der Höhe der Zeit

Jetzt auch noch Bruno Jonas! Na prima, dann fehlt eigentlich nur noch Dieter Nuhr in der Liste der Unterzeichner wie Monika Gruber, Helmut Schleich und Konsorten. In dem als "Gastbeitrag" von Bruno Jonas und Germanistik-Professor Friedrich Vollhardt gekennzeichneten Artikel wird suggeriert, dass Kabarett und Satire - Jahrzehnte nach Brandt, Schmidt und Kohl - sich immer noch parteigebunden im "Links-Rechts-Korridor" gemütlich eingerichtet hätten. Wo steht eigentlich geschrieben, dass ein Germanistik-Professor sich auf dem Feld der aktuellen Satire besonders gut auskennt, wenn er als Beleg dafür in die Antike zurückgreifen muss und die Leser mit Begriffen wie "Pasquill" oder "eskamotiert" belästigt (nicht unbedingt der sprachliche Duktus von Monika Gruber).

Da hätte Bruno Jonas sich mal lieber einen gediegenen Politologen an die Seite geholt. Der hätte ihm vielleicht erklärt, dass sich die Lage auch für Kabarettisten fundamental weiterentwickelt hat. Kleiner Tipp: Gelegentlich mal die "Heute-Show" oder die "Anstalt" kucken, da kriegt jede Partei ihr Fett ab, und meist auch zu recht!

Was nun den unsäglichen Auftritt von Monika Gruber in Erding anbelangt, da fragt man sich schon: Wo war hier die Satire? Gruber und mit ihr im Verbund Markus Söder haben sich als verlängerter Arm der Bild-Zeitung geriert, von Hubert Aiwanger ganz zu schweigen. Und dass der Beifall von der falschen Seite kam, war mitnichten überraschend, sondern die logische Konsequenz der geifernden Hetzreden.

Könnte es vielleicht sein, dass das "Richtige" gar nicht so richtig war, wenn die AfD-Anhänger sich vor Begeisterung gar nicht mehr einkriegen? Hauptsache, es wird auf die Grünen eingeprügelt, dann braucht man sich mit lästigen Fakten gar nicht mehr auseinanderzusetzen. Kleiner Hinweis: Das in Rede stehende Gesetz ist noch im Entstehungsprozess begriffen und wird (wie üblich) kontrovers diskutiert. Das nennt man übrigens Demokratie.

Georg Gleixner, München

Reinwaschungsversuch der verdächtigen Sorte

Ich bin reichlich irritiert über Ihren unkommentierten Abdruck des Kabarett-Gastbeitrags von Bruno Jonas und Friedrich Vollhardt. Vordergründig widmet sich der schwammige Sums dem Thema "rechtes/linkes Kabarett", tatsächlich soll er (von Monika Gruber mitunterzeichnet) vor allem Grubers Verhalten als Form konservativen Kabaretts schönreden.

Ob Aktivismus dasselbe wie Kabarett ist, sei dahingestellt. Entscheidend ist: Gruber teilt sich zustimmend eine Bühne mit Herrn Aiwanger, der die Inhalte der AfD praktisch wortgleich wiedergibt.

Und jeder, auch Frau Gruber, weiß, wie viel Demokratie es noch gibt, wenn solche Leute sich "die Demokratie zurückholen".

Es geht hier also nicht um eine Frage der Kabarettsorten "Georg Schramm vs. Helmut Schleich." Sondern um eine Reinwaschung der Kabarettsorte "Weiß Ferdl", die sich einer Partei andiente und zu einer Regierung führte, die so rechts war, dass bald weder Kabarett noch Demokratie übrig waren.

Natürlich kann die SZ die Gruber-PR einfach mal abdrucken und so stehen lassen. Es ist dann allerdings nicht mehr die SZ eines Werner Friedmann.

Timur Vermes, München

(Timur Vermes ist Autor des 2012 erschienenen satirischen Romans "Er ist wieder da"; d. Red.)

Rechten eine Stimme gegeben

Bruno Jonas und Friedrich Vollhardt rechnen mit dem Kabarett ab, das sich bis vor kurzem als gut, weil links verstand. Ich kann mich bis in die Zeiten vor Corona tatsächlich nicht erinnern, dass namhafte Kabarettisten durch ihre konservative, links-kritische Haltung aufgefallen wären, und zwar weder Bruno Jonas noch etwa Helmut Schleich. Mit den Restriktionen, die in der Pandemie die Künstler besonders trafen, hat sich offenbar wie bei vielen - ehedem Linken - eine neue Staatsverdrossenheit entwickelt. Und diese setzt sich bei vielen fort, indem nun auch Kabarettisten die Bühne verlassen und das Podium bei Demonstrationen betreten. Wenn Bruno Jonas sich an die Seite von Monika Gruber stellt, ist ganz sicher der "linke Meinungskorridor" verlassen. Aber er müsste wissen, dass er zusammen mit Gleichgesinnten einen anderen Meinungskorridor betritt. "Scharfe Polemik" und "ethische Grundsätze verteidigen" stehen im Widerspruch, wenn Kabarettisten - ob gewollt oder ungewollt - Rechtsradikalen ihre Stimme geben und ihnen Öffentlichkeit bieten. Diese Auftritte sind sicher negativ, aber nicht an ethische Normen gebunden.

Der Beifall von den Falschen heißt nicht automatisch Entmündigung, aber es kann auch nicht gleichgültig sein, wem man mit seinem Auftritt gefällt beziehungsweise welches Gedankengut befördert wird. Wenn ein ungeliebtes, vielleicht mangelhaftes Gesetz bereits als Untergang der Demokratie gesehen wird, ist das ebenso lächerlich wie gefährlich. "Sapere aude" (lateinisch; deutsch etwa: 'trau dich, deinen Verstand selbst zu nutzen'; d. Red.) haben die Rechtsradikalen durchaus verstanden.

Tilli Isemann, Amerang

Gesinnungswandel nach rechts

Besagter Gastbeitrag versucht, mit vielen Worten und intellektuellen Ausflügen in die Vergangenheit die alte Aussage - alles in Ordnung -, verbunden mit der alten Leier "uns geht's doch gut", als Sedativum unters Volk zu bringen. Ich gebe den Autoren recht, wenn sie Toleranz für ihre Meinung einfordern. Auch mit der Aussage, dass Beifall manchmal von der falschen Seite kommen kann. Aber wenn ein klarer Gesinnungswandel von links nach rechts erfolgt und dieser offensichtlich mit zunehmendem Lebensalter passiert, dann erinnert mich das an einen gewissen Herrn Schily, der in jungen Jahren ebenfalls weit links beheimatet war, um im Alter dann als Sheriff sehr deutlich law and order zu vertreten. Da gewinnt offensichtlich die Angst um den Lebensabend, in dem sich bitte nichts mehr ändern soll und die Renten sicher sein sollen, die Oberhand.

Vieles passiert im Unterbewusstsein, aber Selbstreflexion ist für einen Kabarettisten Pflicht, und wenn er davor Angst hat, dann bleibt ihm ja immer noch der wohlverdiente Ruhestand.

Ferdinand Maier, Passau

Es war einmal ein Kabarettist

Wer ist Bruno Jonas? Es gab mal einen respektablen Kabarettisten dieses Namens, aber um den wurde es schon vor Jahren sehr ruhig, möglicherweise lebt er nicht mehr. Dachte ich, aber da sprang vor einiger Zeit ein Schachterlteufel gleichen Namens auf die Bühne mit der Botschaft, der Humor müsse unbedingt akademisiert werden, am besten mit Magistern und Ehrendoktoren. Pfeifendeckel, nix is' gwen, außer viel Weihrauch, denn wenn der Humor eingekastelt werden soll, da kennt er keinen Spaß. Der Humor. Auf diese Schnapsidee ist sicher nicht der ehemalige Kabarettist B. J. gekommen, das muss ein anderer gewesen sein. Vielleicht der, der uns jetzt mit akademischer Unterstützung in einem Gastbeitrag die Augen öffnet? Zum Beispiel war sicher vielen nicht bekannt, dass es im Nachkriegsdeutschland eine Ära Adenauer, Erhard, Kiesinger gar nie nicht gegeben hat, dass alles gleich mit dem "Sozi" Brandt begonnen hat, natürlich wegen der Unterstützung von Leuten, die sich als Kabarettisten ausgegeben haben (armer Dieter Hildebrandt, vermutlich verführt - der Kabarettist B. J. würde es wissen). Und schließlich möchte ich noch einem der beiden Autoren herzlich dafür danken, dass er uns, das Publikum, als "gebildet" akzeptiert. Mir hätte das übrigens auch ohne Anrufung des scheinheiligen Moralapostels Seneca und des ausgewiesenen Rassisten Kant genügt. Wer von den dreien, die sich alle Bruno Jonas nennen, ist denn nun der echte? Aufklärung wird via Gastbeitrag erbeten. Oder soll ich das "sapere aude" ernst nehmen?

Prof. Dr. Dr. Thomas Heinzeller, München

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