Verhinderte Abschiebung:Der Staat muss Lehren ziehen

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Nach dem Abschiebe-Drama um einen Münchenstift-Pflege-Azubi stellen sich Fragen. Im Bild: Ein Transparent, mit dem 2013 in Hamburg gegen Abschiebungen protestiert wurde. (Foto: Christian Charisius/dpa)

Wenn im Pflegenotstand ein gut integrierter kongolesischer Pflegefachhelfer in Ausbildung ausgewiesen wird, läuft etwas falsch.

"Duldung für Azubi bis Ende August" und Kommentar "Es bleibt ein Nachgeschmack" vom 28. Februar, "Abschiebe-Drama um Pflege-Azubi" vom 27. Februar:

Die Nachricht von der geplanten Abschiebung eines kongolesischen Pflegefachhelfers in Ausbildung ist nicht nur für Flüchtlinge bitter, sondern für viele Bürger empörend. Wir jedenfalls finden es mit unserem christlichen Weltbild und Verständnis von Menschenwürde unvereinbar, dass ein in Bayern lebender 26-jähriger, nicht straffälliger, gut integrierter und berufstätiger kongolesischer Flüchtling bei einem Termin zur Verlängerung der Duldung in der Ausländerbehörde von fünf(!) Polizisten in Handschellen festgenommen und in die Abschiebehaftanstalt nach Hof gebracht wird.

Leider ist dies kein Einzelfall. Die Aussage des bayerischen Flüchtlingsrats, in Bayern habe es während einer Ausbildung seit Jahren keine Abschiebung gegeben, mag zwar im Ergebnis richtig sein. Tatsächlich gab es jedoch, wie im vorliegenden Fall, mehrere Festnahmen bei Behördenterminen und Abschiebehaft (zuletzt im November 2022 im Landkreis Garmisch-Partenkirchen). Die Abschiebung selbst konnte jedoch dank engagierter anwaltschaftlicher Unterstützung im letzten Moment verhindert werden.

Während sogar Bayerns Ministerpräsident im Ausland Pflegekräfte anwirbt, um ein Kollabieren des Pflegesystems zu verhindern, sollte ein junger Pflegefachhelfer in Ausbildung abgeschoben werden. Die Entscheidung des bayerischen Innenministers, dass der Flüchtling "noch eine Chance bekommt" bedeutet eigentlich, dass nun für den Staat noch eine Chance besteht, endlich eine grundsätzliche Regelung zu treffen, die einer menschenwürdigen und christlich geprägten Flüchtlingspolitik entspricht.

Marlies und Günter Gaupp, München

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