Sprachlabor:Winkewunke

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Und: Was den Eisregen mit der Brotfabrik verbindet.

Von Hermann Unterstöger

FÜR "MISSGEBILDET und irreführend" hält Leser Prof. Dr. R. das Wort "Eisregen", da doch nirgendwo Eis vom Himmel falle, sondern stets nur Regen, aus dem dann am Boden Glatteis werde. Seine Forderung: "Weg damit!" Dafür ist es freilich zu spät, da dieses Wort zum Beispiel schon in August Ernst von Steigenteschs Roman "Marie" (1812) gute Dienste leistete. Dort schreibt Baron Gilfen an Graf Fersen, die Quelle habe ihre Tropfen "wie einen Eisregen" über ihn geworfen und ihn an einen Liebhaber erinnert, der "mitten im Sommer aus Liebe erfriert". Es mag Herrn R. gnädiger stimmen, dass die Wortbildungslehre die semantischen Beziehungen zwischen den Teilen zusammengesetzter Wörter sehr wohl im Blick hat. Der Eisregen wäre demnach ein Kompositum vom Typus Subjekt erzeugt Objekt und insofern sehr entfernt mit der Brotfabrik verwandt (wobei natürlich klarzustellen ist, dass nicht der Regen das Eis erzeugt, sondern, wie erwähnt, der kalte Boden).

DARF MAN DAS, fragt Leser G., nämlich gewunken als Partizip II von winken verwenden? Grimms Wörterbuch weist diese Form vornehmlich "dialektisch beeinflussten Autoren" zu, und noch in den Dudengrammatiken von 1959 und 1984 heißt es, sie werde überwiegend scherzhaft gebraucht. Das Leibniz-Institut für deutsche Sprache lässt aber auf der Basis der "Beleglage" wissen, dass gewunken sich etabliert habe und "ohne stilistische Unterschiede im Wechsel mit gewinkt verwendet" werde. Einer generellen Herabsetzung der starken Form dürfe, so die Bilanz des Instituts, "offensichtlich das Lebewohl zugewunken werden".

OBWOHL ES ÄHNLICH klingt, hat das Folgende nichts mit starker oder schwacher Beugung zu tun. Leserin H. moniert in "Die Polizei von Kansas City verbat ..." die Form verbat, die dem Verb (sich) verbitten zugehört, während verbieten das Imperfekt verbot bildet. Den Unterschied zwischen den da und dort gemeinten Restriktionen kann man daran ablesen, ob ein Vater dem Sohn das Rauchen verbietet oder ob er es sich in seiner Gegenwart verbittet. Sagt er dies, kann sich der Sohn mit dem Glimmstängel in den Keller verziehen.

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