Zukunft der Nato:Schutzgelderpresser Trump

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(Foto: Michael Holtschulte)

Der republikanische Präsidentschaftsbewerber droht damit, dass die USA den Nato-Verbündeten im Kriegsfall nicht helfen würde. Viele SZ-Leser sind erschrocken, manche finden dagegen: Donald Trump hat einen Punkt.

"Zahlt oder sterbt" und "Noch mehr Geld für Verteidigung" vom 13. Februar:

Mafioso-Manier

Trump hat es wieder einmal geschafft. In Europa herrschte helle Aufregung, seit er in bester Mafioso-Manier Schutzgeld von verbündeten Staaten forderte. Besonders Deutschland hat Trump auf dem Kieker und fordert 400 Milliarden Dollar für geleisteten Schutz. Wer das geforderte Schutzgeld nicht bezahlt, der könne laut Trump ruhig von Putin angegriffen werden.

Natürlich hat es sich vor allem auch Deutschland jahrzehntelang unter dem US-Schutzschirm bequem gemacht, hat nichtsdestotrotz mit den Russen lukrative Geschäfte abgeschlossen und wird in den USA teils zu Recht als Schnorrer gesehen. Trotzdem funktioniert die Nato nicht so, dass die Schutzmacht USA Rechnungen verschickt und die Europäer bezahlen. Das ist typisch Trump. Erstaunlich war in dem Zusammenhang die prompte Reaktion von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: Das sei verantwortungslos und spiele Russland in die Hände, ereiferte sich das deutsche Staatsoberhaupt. Ausgerechnet Steinmeier, von dem nichts zu hören war, als Putin wieder und wieder seinen Plan von der Wiedererrichtung des Sowjetreichs ankündigte. Im Gegenteil, Manöver im Baltikum geißelte Steinmeier damals als Außenminister noch als "Säbelrasseln" der Nato gegenüber Russland. Nicht dass ich Trumps Drohungen gutheißen würde, aber vom deutschen Staatsoberhaupt konnte man schon erwarten, dass er sich gegenüber Putin ebenso kritisch gezeigt hätte, wie er es jetzt zu Recht gegenüber Trump tut.

Geradezu lächerlich aber ist es, dass nun auch Sigmar Gabriel seine Stimme erhebt und bemängelt, die EU habe sich nicht ausreichend auf eine zweite Amtszeit Trumps vorbereitet. Es entbehrt nicht einer gewissen Chuzpe, dass das nun der Mann sagt, der als Wirtschaftsminister unsere Gasspeicher an Putin verhökert und die deutsche Abhängigkeit von russischem Gas gesteigert hat. Gabriels Warnung vor Trump wäre seinerzeit, Putin betreffend, sehr viel dringender gewesen und hätte uns viel erspart. Was bleibt, ist die Hoffnung, dass der Schuss im gesamten Berliner Politikbetrieb gehört wurde und jetzt gehandelt wird, auch wenn das Wort "Aufrüstung" kalte Schauer über den Rücken manchen Sozis und Grünen jagt.

Josef Geier, Eging am See

Hysterische Aufrüstungsdebatte

Mit seinen Äußerungen zur Nato hat der US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump die Debatte um Aufrüstung in Europa massiv verstärkt. Weltweit knallen bei den Rüstungsunternehmen die Champagnerkorken. Die Debatte um Aufrüstung nimmt dabei hysterische Formen an. Kriegszeiten waren und sind Zeiten größtmöglicher Dummheit, Irrationalität und selektiver Wahrnehmung. Wie wär's einfach mal mit Fakten?

Was in dieser Debatte auch in den Qualitätsmedien oft fehlt, sind zum Beispiel die objektiven Zahlen des anerkannten, unabhängigen Forschungsinstituts Sipri. Im Jahr 2022 gaben die Nato-Staaten demnach 1232 Milliarden Dollar und Russland 86,4 Milliarden Dollar für die Rüstung aus. Die Rüstungsausgaben der Nato betragen somit das 14-Fache der Rüstungsausgaben Russlands. Ohne die Militärausgaben der USA gab die Nato 355 Milliarden Dollar für die Rüstung aus und damit immer noch deutlich mehr als Russland. Wenn wir über "Unterrüstung" und verstärkt sogar über eigene Atomwaffen für Europa reden, dann doch bitte in einer faktenbestimmten Debatte.

Axel Mayer, Endingen

Natürlich nur zur Abschreckung

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz ließ man wenig Zweifel, womit Frieden für die Welt zu machen ist. Atomwaffen - natürlich nur zur Abschreckung, so wie alle Waffen, die davor auf das Schlachtfeld entsandt wurden. Wer mit Atomwaffen vorgibt, abschrecken zu wollen, der wird in letzter Konsequenz auch bereit sein müssen, sie einzusetzen.

Mit dem uralten Verweis auf Menschenrechte, Moral und die Befreiung der Welt von Aggressoren gelingt es offenbar wieder, die Völker kriegsfähig für die Schlachtfelder zu machen.

Roland Winkler, Aue

Sicherheit im Abo

Auf ihre Art sind Trump und sein Beraterstab schon kreativ, wobei bei dieser neuen Idee ist die Inspiration nicht wirklich weit weg: Natoflix statt Netflix. Warum nicht ein ohnehin obsoletes Bündnis durch ein aufgezwungenes Abo-Modell modernisieren? Nur gegen regelmäßige Zahlung an den Anbieter ist der Schutzbeistand im Ernstfall gesichert. Da darf die westliche Welt gespannt sein, welche Bezahlmodelle dann bald dazu gehören.

Möglicherweise ist ja eine Premiummitgliedschaft möglich, die eine All-inclusive-Verteidigung auf Land-, See- und Luftweg beinhaltet. Hat dann auch bestimmt ihren Preis, aber ein günstiges Einsteiger-Abo wird schon auch im Angebot sein.

Andreas Hesse, Wolfratshausen

Die Rechnung für den Leibwächter

Die europäischen Nato-Verbündeten führen sich gerade so auf, als wäre der Fuchs vor dem Hühnerstall aufgetaucht. Dabei fordert Trump nur, dass die Europäer ihre Rechnungen bezahlen. Die Nato-Mitglieder haben sich ja verpflichtet, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung auszugeben und erhalten dafür den Schutz gemäß Artikel fünf des Nato-Vertrages. Ein Großteil der Mitglieder wich aber vom Zwei-Prozent-Ziel ab, was bislang keine Konsequenzen hatte.

Wenn ich einen Leibwächter beschäftige, der mich schützen soll, muss ich auch seine Rechnung bezahlen. Was ist denn so ungehörig daran, wenn ein potenzieller neuer US-Präsident seine Nato-Partner ermahnt, die vereinbarten zwei Prozent zu bezahlen? Das ist genau das, was er gesagt hat. Nur wer das Ziel nicht erfüllt, soll nicht mehr beschützt werden. Das ist nicht mehr als recht und billig.

Peter Fendt, Marktoberdorf

Mehr Einsatz

Noch mehr Geld wird nicht reichen. Ändern muss sich auch die mentale Einstellung zur Verteidigung insgesamt. Ob man das Sondervermögen für militärische und zivile Verteidigung erhöht oder die Schuldenbremse aussetzt oder sogar beides, spielt keine Rolle. Entscheidend ist: Der Schutz des Staatsgebietes und die Verteidigung von Recht und Freiheit, wie die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr schwören müssen, erfordert auch zwangsläufig einen höheren Einsatz von allen, wenigstens an Steuergeldern.

Hans Rentz, Waging am See

Friedensdividende nicht genutzt

In Europa hat man gedankenlos über Jahrzehnte die "Friedensdividende" durch den US-Schutzschirm genossen. Die Außenpolitik hat nach der Wende nicht entschlossen genug auf Verhandlungen gesetzt, um die erreichten Vereinbarungen zu sichern und Abrüstungsverträge fortzusetzen. In gewisser Weise herrschte die dekadente Verblendung, ein goldenes Zeitalter sei eingetreten und aufziehende Krisen könnten verdrängt und ausgesessen werden. Mit der Zeitenwende ist der Traum geplatzt.

Als Bürger können wir mitwirken, dass es eine außenpolitische Doppelstrategie gibt und die Verteidigungspolitik nicht zum Rüstungswettlauf entartet, bei dem der Sozialstaat unter die Räder kommt und das Geld für die Investitionen fehlt, die den Nachkommen eine lebenswerte Umwelt erhalten. Die Bereitschaft, auf Wohlstand zu verzichten, wird die Politik ohne transparente Entwicklung eines Gesamtpakets nicht erwarten können.

Rolf Sintram, Lübeck

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