Zukunft der Arbeit:Brutale Umwälzung

Tatsächlich lagen die Ludditen falsch; Ökonomen sprechen heute vom "Ludditischen Trugschluss". Die Mechanisierung der Textilindustrie war die Voraussetzung dafür, dass praktische Baumwollkleidung zum billigen Massenprodukt wurde, die erhöhte Produktivität schuf Wohlstand.

Der Ökonom Hilmar Schneider von Institut Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn, nennt ein anderes Beispiel: Früher wurden Lasten auf Kanälen mühsam von Treidelknechten gezogen, die auf Treidelpfaden am Ufer entlang gingen. Die Einführung des Schiffsmotors zerstörte den Beruf des Treidelknechts. "Würden wir heute noch treideln, könnte man damit allein damit über 15 Millionen Vollzeitarbeitsplätze schaffen. Wir hätten bloß keine Zeit mehr, das was getreidelt werden soll, zu produzieren."

Den Zusammenhang zwischen Automatisierung und Massenkaufkraft machte sich der Autopionier Henry Ford zunutze. Ford führte in seinen Fabriken die Fließbandarbeit ein; sie war für die betroffenen Arbeiter stumpfsinnig und oft brutal. Aber Ford verdoppelte auch die Löhne und verkürzte die Arbeitszeit auf acht Stunden. Seine Arbeiter sollten sich seine Autos leisten können. "Autos kaufen keine Autos", sagte Ford.

Trotzdem wuchsen immer wieder Zweifel daran, ob diese Wohlstandsmaschine wirklich immer weiter funktionieren konnte. Ein Beispiel ist der Ökonom John Maynard Keynes. 1930 veröffentlichte Keynes seinen Essay "Ökonomische Chancen für unsere Enkel" ("Economic Possibilities für ou Grandchildren"). Darin heißt es: "Wir haben es mit einer neuen Krankheit zu tun, von der viele Leser noch nicht einmal den Namen kennen, von dem sie aber in den kommenden Jahren viel hören werden: technologische Arbeitslosigkeit. Gemeint ist damit eine Arbeitslosigkeit, die dadurch entsteht, dass unsere Möglichkeiten Arbeit einzusparen, schneller zunehmen als wir neuen Gebrauch für Arbeit finden." Keynes' Rezept war Arbeitszeitverkürzung: Drei-Stunden-Schichten und 15-Stunden Arbeitswoche.

Bis jetzt hat sich diese technologische Arbeitslosigkeit immer nur für kurze Zeit nachweisen lassen, irgendwann führte der technische Fortschritt immer zu neuen Produkten und zu neuen Jobs. Die große Frage lautet: Ist es diesmal anders? Löst die digitale Revolution die lange befürchtete technologische Arbeitslosigkeit aus? Martin Ford sagt ja und belegt dies mit "Moore's Gesetz". Der Mitbegründer von Intel, Gordon Moore, hatte bereits 1965 postuliert, dass sich die Leistungsfähigkeit integrierter Schaltkreise alle 18 bis 24 Monate verdoppeln werden, aus heutiger Sicht eine erstaunlich akkurate Voraussage. Ford verallgemeinert Moore's Gesetz jedoch: Die Leistungsfähigkeit der Technik insgesamt verdoppelt sich alle zwei Jahre. Er fragt: "Kann eine Maschine bis in alle Zeiten immer besser werden, ohne eines Tages autonom zu sein?"

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