Speed-Dating mit dem Chef:In zehn Minuten zum Traumjob

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Nur keine Hemmungen: Beim "Chef-Dating" bringt die Arbeitsagentur Bewerber und Firmen im Schnellverfahren zusammen. Wie das funktioniert -und was Kandidaten beachten sollten.

Susanne Klaiber

Eigentlich konnte sich Nadine Kupfer einigermaßen vorstellen, was sie an jenem Montagnachmittag erwarten würde. Trotzdem: "Es war eine komische Situation." Eine Tischreihe mit roten Decken, auf der einen Seite Herren in Anzügen, auf der anderen Seite junge Erwachsene wie sie, die lächelnd ihre Nervosität unterdrückten. Ein Glöckchen, das jedes Zwiegespräch nach zehn Minuten beendete. Was die 26-Jährige in Potsdam ausprobiert hat, klingt nach Speed-Dating. Das war es auch. Nur hat Nadine nicht den Mann fürs Leben gesucht, sondern einen Chef. Und es hat gefunkt.

"Was in der Liebe funktioniert, muss auch bei der Jobsuche gehen"

"Als erste Arbeitsagentur in Deutschland hat Potsdam im vergangenen Sommer zu einem solchen Bewerbungsverfahren eingeladen. "Wir dachten, was bei der Liebe funktioniert, müsste doch bei der Jobsuche auch gehen", sagt Sprecherin Isabel Wolling.Der Plan ist aufgegangen. Die Vertreter von 15 Unternehmen und 55 Kandidaten führten 178 Gespräche, 119 Bewerbungsmappen wechselten den Besitzer, zwölf der Aspiranten bekamen danach einen Arbeitsvertrag. Die Germanistin Nadine Kupfer, die auch nach 20 Bewerbungen keinen passenden Job im Public-Relations-Bereich gefunden hatte, saß zwei Wochen nach dem Dating in ihrem neuen Büro.

Inzwischen haben auch die Arbeitsagenturen in Dortmund und Stuttgart zusammen mit Berlin-Brandenburg Chef-Speed-Dating angeboten, ebenso die Studenteninitiative Bonding auf ihrer Firmenkontaktmesse vor ein paar Wochen in München. Ganz neu sei das schnelle Bewerben allerdings nicht, sagt Wolfgang Bilger, Leiter des Personalmarketings bei Vattenfall Europe Business Services Berlin. Auch auf Karrieremessen spreche man an den Ständen der Unternehmen oft nur kurz mit den Bewerbern. Eine effiziente Methode, sagt er. "Ich muss nicht eine Stunde reden, um zu klären, ob jemand Chancen hat."

Schnell ausgebucht

Im Gegensatz zu den Messen sind die Datings der Arbeitsagenturen straffer organisiert. In Stuttgart wurden im November fast ausschließlich Ingenieure eingeladen, die offene Stellen in Berlin-Brandenburg besetzen sollten. Sie konnten sich die Jobangebote ansehen und sich für die Dates anmelden. "Bei manchen Unternehmen waren die Plätze sehr schnell ausgebucht, zum Beispiel bei Vattenfall", sagt Birgit Kirner von der Regionaldirektion Stuttgart.

Wie erfolgreich die Aktion nun tatsächlich war, können die beteiligten Agenturen noch nicht abschätzen. Nur so viel: Unternehmer sollen schon nachgefragt haben, wann die nächsten Speed-Datings stattfinden.

Ungwöhnliche Bewerber können punkten

In Potsdam hat die Agentur anders als in Stuttgart junge Akademiker verschiedener Studienrichtungen eingeladen. Für die Germanistin Kupfer kamen drei der 15 Firmen als Arbeitgeber in Frage. Von den Angeboten der ersten beiden war sie nicht begeistert. Macht aber nichts, meint sie. "Da konnte ich üben und war dann bei meinem Favoriten nicht mehr so nervös." So gut das Treffen für Nadine Kupfer auch lief - ein gründliches Bewerbungsgespräch konnte es nicht ersetzen. Ihr späterer Chef lud sie anschließend zu einem weiteren Vorstellungstermin in die Firma ein.

An die ungewohnte Bewerbungssituation hat sich Kupfer schnell gewöhnt, sagt sie. "Man ist sich ja nicht unsympathisch. Und man konnte sich aussuchen, zu welchem Unternehmen man geht und selbst gucken, ob die Chemie stimmt."Ein Vorteil, den auch die Arbeitsagenturen sehen. "Firmen haben es nicht in der Hand, mit wem sie sprechen", sagt Birgit Kirner aus Stuttgart. "So können Bewerber punkten, die die Unternehmen sonst vielleicht nie eingeladen hätten."

Coaching per E-Mail

Weil der Zeitdruck und die ungewohnte Form des Speed-Datings manche Arbeitslose möglicherweise abschrecken könnte, verschickte die Potsdamer Arbeitsagentur vorher eine E-Mail mit Hinweisen. Kupfer hat vor dem Dating zu Hause geübt. "Bei zehn Minuten insgesamt bleiben schließlich nur fünf Minuten, um seinen Werdegang runterzurattern", sagt sie.

Wolfgang Bilger von Vattenfall glaubt jedoch, dass die meist jungen Bewerber mit der Geschwindigkeit gut umgehen können, schließlich seien sie aus dem Alltag kurze Konzentrationsphasen gewohnt. So effektiv diese Bewerbungsform für Erwachsene sein kann, für Jugendliche würde die Potsdamer Agentursprecherin Wolling sie nicht empfehlen: "Man braucht eine gefestigte Persönlichkeit, um sich so schnell zu verkaufen."

© SZ vom 27.02.2010/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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