Lehrstellensuche 2011:Bewerber haben die Wahl

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Die Krise ist vorbei, der Konjunkturmotor brummt wieder. Das kommt Schulabgängern auf der Suche nach einer Lehrstelle zugute. Die Chancen sind regional aber sehr unterschiedlich. Mitunter greifen Unternehmen zu besonderen Lockmitteln.

In den vergangenen beiden Jahren stand die Lehrstellensuche vielerorts im Zeichen der Krise. Viele Betriebe mussten sparen und bildeten weniger aus. Jetzt geht es wieder aufwärts in der Wirtschaft, damit hat sich auch die Ausgangslage für Lehrstellenbewerber verbessert. Jugendliche sollten sich aber auch überregional nach einer Stelle umschauen. Und sie dürfen nicht nur Trendberufe im Blick haben.

Besonders im Osten können sich Bewerber ihre Lehrstelle aussuchen. (Foto: dapd)

"Wir gehen davon aus, dass sich die Lage auf dem Ausbildungsmarkt weiter entspannen wird", sagt Andreas Pieper vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn. "Das Angebot an Lehrstellen wird voraussichtlich wachsen und die Zahl der Bewerber weiter sinken."

Jugendlichen kommt nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die demografische Entwicklung zugute. Sie sei gerade im Osten "dramatisch": "Die Zahl der Schulabgänger hat sich dort in den letzten zehn Jahren halbiert", sagt Pieper. "Die werden inzwischen von den Unternehmen regelrecht umworben." Das gehe soweit, dass einige Betriebe passenden Bewerbern als Anreiz etwa einen Laptop spendierten, wenn sie bei ihnen eine Lehre machen.

Mangelware sind geeignete Anwärter auf einen Ausbildungsplatz etwa im Handwerk: "Wir haben eine deutliche Bewerberlücke", sagt Alexander Legowski vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in Berlin. Mehr als 7000 Lehrstellen seien im vergangenen Jahr im Handwerk unbesetzt geblieben - viele davon im Osten. Aber selbst in Städten wie München habe es bis zu 50 freie Stellen pro Bewerber gegeben. "Und das wird in diesem Jahr nicht besser werden."

Solche Zustände gibt es aber längst nicht überall. Denn bei den Aussichten auf eine Lehrstelle gibt es große regionale Unterschiede. "Das Matching-Problem bleibt", sagt Pieper. Gemeint ist: Angebot und Nachfrage passen nicht immer zusammen. Und nicht jeder Bewerber findet dadurch etwas Passendes vor seiner Haustür und in seinem Wunschberuf. "In einigen Regionen und Branchen ist die Lage weiter angespannt."

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Jugendliche sollten sich daher überregional nach einer Lehrstelle umschauen, rät Markus Kiss vom Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in Berlin. So könne es sich für Bewerber aus dem Westen oder Süden Deutschlands lohnen, einen Umzug in den Osten in Betracht zu ziehen. Gerade in Mecklenburg-Vorpommern blieben viele Lehrstellen unbesetzt, weil es zu wenige passende Bewerber gibt, ergänzt Pieper.

Finanzielle Hilfe für den Umzug

Müssen Jugendliche für die Lehre umziehen, könnten sie dafür eine finanzielle Unterstützung bei der Arbeitsagentur beantragen, erklärt Kiss. So gibt es eine Beihilfe für Lehrlinge, die nicht bei ihren Eltern wohnen können, weil der Ausbildungsbetrieb zu weit weg ist.

Jugendliche sollten bei der Berufswahl außerdem über den eigenen Tellerrand schauen, rät Pieper. Denn ein Problem sei, dass viele Jugendliche in dieselben Berufe drängen. Männer strebten oft technische Berufe wie Kfz-Mechatroniker, Industriemechaniker oder Elektroniker an. "Und die meisten Frauen wollen etwas Kaufmännisches lernen."

Bei weiblichen Azubis ist das berufliche Spektrum besonders eng: Ein Viertel von ihnen verteilt sich nach BIBB-Daten auf nur vier Berufe. Das erschwert Pieper zufolge die Lehrstellensuche, weil das Rennen um die Plätze auf diese Weise umso enger wird. Dabei gebe es oft naheliegende Alternativen zum Traumberuf, sagt Kiss. Schließlich gebe es rund 350 Ausbildungsberufe. Jugendliche sollten sich daher beraten lassen, welche davon mit ihrem Wunschberuf verwandt sind. "Wer Bankkauffrau werden will und keinen Platz findet, kann sich zum Beispiel zur Immobilienkauffrau ausbilden lassen. Und eine Alternative zum Kfz-Mechatroniker ist der Beruf des Fertigungsmechanikers."

Wichtig sei auch, dass Bewerber sich einen realistischen Eindruck von ihrem Wunschberuf machen, rät Pieper. "Man sollte also unbedingt ein Praktikum machen und sich hinterher fragen: Liegt mir das eigentlich?" Denn oft seien Vorurteile im Spiel, wenn Berufe bei Jugendlichen kein besonders gutes Image haben. Gerade von traditionellen Handwerksberufen hätten Jugendliche oft althergebrachte Vorstellungen, klagt ZDH-Sprecher Legowski. So dächten viele bei der Arbeit als Metzger nur ans Schlachten von Schweinen. "Metzger sind heute oft aber auch Caterer und stellen Büfetts zusammen, das ist eine kreative Arbeit."

© sueddeutsche.de/dpa/Tobias Schormann/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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