Jobsuche:Der Arbeitsmarkt entwickelt sich zu einem Bewerbermarkt

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Tatsächlich werden soziale Netzwerke sowohl für rekrutierende Unternehmen als auch für Jobsuchende immer wichtiger. Auch für Kerstin Ewelt. Sie hat mehr als 1000 Kontakte bei Linked-In, dem größten beruflichen Netzwerk. Viele kennt sie gar nicht, akzeptiert aber alle Kontaktanfragen, um ihre Reichweite zu vergrößern. "Das hat nichts mit dem Privatleben zu tun. Mein Profil dort ist rein berufsorientiert", sagt Ewelt.

Vor mehr als zehn Jahren ging sie mit ihrem Mann in die USA, fing berufsmäßig fast bei null an. Nach verschiedenen Stationen bei Technologieunternehmen im Silicon Valley arbeitet sie nun im Management von Quora, einer Frage- und Antwortplattform im Internet. Als sie das Stellenangebot von Quora bei Linked-In sah, saß Ewelt im Café und hatte gar nicht vor zu wechseln. In den USA ist Linked-In längst auch eine der größten Stellenbörsen. Zahlreiche Headhunter tummeln sich dort und schicken ihre Anfragen an die Nutzer. Auch das deutsche Pendant Xing entwickelt sich immer stärker in Richtung Rekrutierungskanal.

Auf die Anzeige von Quora antwortete Ewelt ebenso begeistert wie formlos: "Das bin ich!" Sie schickte ihren Lebenslauf hin und bat um Rückruf. Heute sitzt sie auf der anderen Seite. Sie empfiehlt allen, einen digitalen Lebenslauf bei Xing oder Linked-In zu hinterlegen und die Konversation mit interessanten Kontakten offline weiterzuführen. Auf die Frage, was sie heute in Deutschland unternehmen würde, um an eine neue Stelle zu kommen, antwortet sie ohne zu zögern: "Mein Netzwerk fragen."

Sehr vielen Unternehmen ist bewusst, dass der Arbeitsmarkt sich zu einem Bewerbermarkt entwickelt. Für Menschen auf der Suche nach einem "verdeckten" Job ergibt da besonders die Suche abseits der bekannten Namen Sinn. Etwa drei Viertel aller Neueinstellungen werden in Betrieben mit weniger als 250 Mitarbeitern vorgenommen. Ebenfalls eine gute Idee ist es, sich außerhalb der großen Metropolen umzuschauen. Dort haben selbst Quereinsteiger größere Chancen, und viele Arbeitgeber bemühen sich sehr um ihre Mitarbeiter.

Das zeigt beispielsweise ein Blick nach Vreden, einer Kleinstadt an der holländischen Grenze. Dort sitzt die Firma Laudert, die unter anderem aufwendige Werbekataloge produziert. Der Bedarf vor allem an technischen Fachkräften ist so hoch, dass er nur über die weiteren Niederlassungen in Hamburg, Stuttgart und Ho-Chi-Minh-Stadt in Vietnam gedeckt werden kann. Um neue Mitarbeiter zu finden und vor allem diejenigen in Vreden zu binden, bemüht sich Laudert sehr um Familienfreundlichkeit und wurde dafür auch von der Bertelsmann-Stiftung ausgezeichnet. Außerdem bildet das Medienunternehmen seinen Nachwuchs selbst aus.

"Wir wussten seit vielen Jahren, dass sich der Arbeitsmarkt drehen würde und wir selber ausbilden müssen. Dazu haben wir sogar eine eigene Ausbildungsakademie gegründet", sagt Marketingleiterin Anne Lück. Auch die betriebliche Ausbildung wurde ausgezeichnet. "Dadurch sind wir in der Region bekannt und erzielen ganz gute Bewerberquoten. Aber wir halten auch unsere Mitarbeiter dazu an, offene Stellen bekannt zu machen und zum Beispiel bei Xing oder Facebook zu posten." Kontakte vereinfachen die Suche - für beide Seiten.

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