In ihren Sonntagsreden betonen Unternehmenschefs, wie wichtig es ihnen sei, Frauen zu fördern. Das stimmt nur am Sonntag. Es hat sich in den vergangenen Jahren so gut wie nichts verbessert: In den oberen Etagen der Glastürme öffnen sich die Türen für Frauen ganz selten. Obwohl etwa 50 Prozent der deutschen Hochschulabsolventen weiblich sind, herrscht in Vorständen und Aufsichtsräten eine männliche Monokultur. Ausnahmen bestätigen nur die Regel. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat deshalb recht: Die Zeit ist reif für eine gesetzliche Frauenquote in den Führungsetagen.
Seit zehn Jahren gibt es eine freiwillige Vereinbarung der Wirtschaft, die Chancen für Frauen "nachhaltig" zu verbessern. Solche Selbstverpflichtungen sind bei Politikern beliebt, weil sie weniger Widerstand provozieren als Gesetze. Doch auch hier zeigt sich: Ohne klare Vorgaben findet ein Mentalitätswechsel nicht statt. Das Muster "Männer berufen Männer" hat eine zu starke Beharrungskraft, wenn Frauen in den 200 größten deutschen Unternehmen nach wie vor nur 2,5 Prozent der Spitzenpositionen besetzen. Eine Frauenquote ist deshalb für eine Übergangsphase als Krücke nötig, um den Prozess "Frauen nach oben" zu beschleunigen. Dabei geht es nicht nur um Gleichberechtigung.
Das deutsche Topmanagement wird von zu vielen gleichförmigen Teams dominiert. Die Lebensläufe von Vorstandsmitgliedern und Aufsichtsräten ähneln sich. Es gibt in Führungsgremien zu wenige Vertreter aus dem Ausland und immer noch zu viele männliche Seilschaften, in denen sich die Herren gegenseitig die Posten zuschanzen. In solchen Führungsmannschaften entstehen zu wenig Kreativität und Widerspruch. Gemischte Teams mit Frauen, die manchmal einen anderen Blick auf die Dinge haben, sind erfolgreicher. Diese mit Studien belegte Erkenntnis ist längst zum Allgemeingut geworden. Frauen den Weg in die Chefetagen zu ebnen, zahlt sich deshalb auch in Euro und Cent aus. Hinzu kommt: Ein Land, das auf einen Fachkräftemangel zusteuert, kann es sich nicht leisten, der Hälfte der Talente den Aufstieg so schwer zu machen.
Sicher, die Frauenquote ist kein Allheilmittel. Es gibt zu wenig Betreuungsplätze für Kinder und zu wenig Ganztagsschulen. Viele Betriebe müssen ihr Arbeitsumfeld familienfreundlicher gestalten und sich fragen, ob die Präsenzkultur mit Sitzungen nach 17 Uhr immer notwendig ist. Es muss sich das Rollenverständnis ändern: Deutschland ist im Gegensatz etwa zu Frankreich geprägt durch ein konservatives Familienbild. Die Familie wird meist der Frau zugeordnet, der Beruf dem Mann. Wer als Frau Kind und Karriere verbinden will, wird oft begleitet vom schlechten Gewissen - und der Frage, die nicht selten von anderen Müttern kommt: "Wie kannst du das deinen Kindern antun?" Männer werden dies nie gefragt.
Die Arbeitsministerin muss sich nun erst einmal in der Bundesregierung durchsetzen - zum einen gegen die junge Familienministerin Kristina Schröder, zum anderen gegen den Großteil der FDP, die zusammen mit den Wirtschaftslobbyisten gegen die Quote wettern wird. Sie muss den Widerstand in ihrer Fraktion brechen, in der von 239 Abgeordneten 192 männlich sind. Das wird nur mit Kompromissen funktionieren. Die Frauenquote kann wohl nur schrittweise kommen. Die Unternehmen brauchen Zeit, um bei ihren Entwicklungsprogrammen für Talente Frauen stärker zu fördern, damit bei der Auswahl die Qualifikation weiter den Ausschlag geben kann.
Es ist gut, dass von der Leyen bei dieser Aufgabe Hilfe aus Europa bekommt. Die Ministerin kann mehr erreichen, weil sich die EU-Kommission ebenfalls für eine Frauenquote stark macht. Diese muss ja gar nicht für immer bleiben: In zehn Jahren hat sie sich im Idealfall selbst überflüssig gemacht.