Sprachzertifikate, so könnte man meinen, sind etwas für Leute mit Fernweh: Sie öffnen die Tür zum internationalen Job oder zum Studienplatz im Ausland. Doch in den letzten Jahren hat sich die Zielgruppe der Tests gewandelt. Denn auch wer an der Universität Oldenburg den Master-Studiengang Microbiology belegen oder einfach nur Betriebswirtschaftslehre an der Uni Mannheim studieren will, muss sehr gute Englischkenntnisse nachweisen. Und wenn die sich nicht aus dem Abiturzeugnis ergeben, dann muss ein Sprachtest her.
"Immer mehr Hochschulen argumentieren, dass ihre Studiengänge internationale Module enthalten oder die Studenten in der Lage sein müssen, mit fremdsprachiger Fachliteratur zu arbeiten", sagt Klara Balogun, die für das Sprachtestangebot der Carl Duisberg Centren zuständig ist. Entsprechend finden sich in den Testzentren auch immer mehr Menschen ein, die gar nicht unbedingt vorhaben, sich jenseits deutscher Grenzen umzutun.
Sprachquiz:Ist Ihr Englisch jobtauglich?
Oder sollten Sie besser mal wieder ein paar Vokabeln pauken, um peinliche Situationen im Büro zu vermeiden? Machen Sie den Sprachtest.
Ob nun mit Karriereplänen im Ausland oder Studienabsichten daheim, alle Testkandidaten haben das gleiche Problem: die Wahl des Zertifikats. Denn Arbeitgeber oder Hochschulen stellen den Test meistens zur Wahl, und mit IELTS, TOEFL, TOEIC oder CAE werben gleich vier weit-verbreitete Verfahren um Kundschaft. Um das richtige Zertifikat auszuwählen, hilft es zu wissen, was und wie diese Testverfahren messen.
Grundsätzlich gilt für alle Tests, dass sie ihre Prüflinge dem gemeinsamen Europäischen Rahmen für Sprachen (GER) entsprechend einem Niveau zuordnen. Allerdings tun sie das auf unterschiedliche Weise. Das Cambridge Certificate in Advanced English (CAE), die gefragteste Englischprüfung der britischen Universität Cambridge für Nicht-Muttersprachler, gibt das Zielniveau C1 vor. Wer dieses Niveau im Test nicht erreicht, fällt durch.
Amerikaner bevorzugen andere Tests als Briten
Anders arbeitet dagegen das International English Language Testing System (IELTS) des British Council. Hier ist das Ergebnis eines Kandidaten eine Punktzahl, die sich in ein Sprachniveau übersetzen lässt. Durchfallen geht nicht, es kommt auf ein möglichst gutes Ergebnis an. Für das Betriebswirtschaftsstudium in Mannheim sind das zum Beispiel sechs von möglichen neun Punkten.
Beide Tests stammen aus Großbritannien, während die Konkurrenzprodukte Test of English as a Foreign Language (TOEFL) und Test of English for International Communication (TOEIC) im amerikanischen Princeton entwickelt wurden. Deshalb gilt als Faustregel: CAE und IELTS kommen in Großbritannien, Australien und Neuseeland besser an, TOEFL und TOEIC gelten als passendere Eintrittskarten für die USA. Das muss aber keineswegs immer zutreffen.
Wo der Prüfling seine Sprachkenntnisse erworben hat, ist allerdings nicht von Belang. Es sei eine seit Jahren überholte Ansicht, dass der IELTS britisches Englisch abfrage, sagt Caroline Murdoch, die beim British Council für den Test zuständig ist. Ob ein Kandidat zum Beispiel für Kofferraum die auf der Insel übliche Vokabel "boot" oder das in den USA gebräuchliche Wort "trunk" verwendet, ist egal. "In Zeiten der Globalisierung macht eine Unterscheidung keinen Sinn", sagt Murdoch. Sprache sei ständig im Fluss, und auch in der britischen Zeitung The Guardian fänden sich zunehmend sprachliche Wendungen aus den USA. Daher würden auch alle standardsprachlich akzeptablen Lösungen in den Tests abgenickt.
Ein ganz klarer Unterschied zwischen den Zertifikaten aus Großbritannien und den USA zeigt sich hingegen bei der Testmethode. TOEFL und TOEIC sind Multiple-Choice-Tests. Sie werden wahlweise am Computer oder auf Papier angeboten. Und wer bei TOEFL oder TOEIC seinen mündlichen Sprachgebrauch unter Beweis stellt, spricht in ein Mikrofon und wird aufgezeichnet. IELTS und CAE hingegen erwarten im schriftlichen Teil mehr als nur Kreuzchen und setzen noch ganz traditionell auf ein Gespräch mit einem geschulten Prüfer.
Inhaltlich relevant ist der Unterschied zwischen TOEFL, IELTS und CAE auf der einen Seite und TOEIC auf der anderen Seite. Während die drei ersten Tests akademisches Englisch testen, fragt der letzte berufsbezogenes Englisch ab. Außerdem beschränkt sich der TOEIC in seiner Standardform auf Aufgaben zum Lese- und Hörverständnis. Nur die Sonderform, der TOEIC 4 Skills, prüft wie die anderen Tests auch den aktiven Sprachgebrauch sowohl mündlich als auch schriftlich. Der einfache TOEIC gilt somit als weniger wertig.
Klara Balogun hat beobachtet, dass der TOEIC vor allem für das Studium an vielen deutschen Fachhochschulen als Sprachnachweis ausreicht. Und hier kommt ein Faktor ins Spiel, der für Sprachschüler entscheidend sein dürfte: der Preis. So wirbt zum Beispiel der IELTS mit mehr als drei Millionen Prüfungen im Jahr und Akzeptanz in über 140 Ländern. Doch das nutzt einem Kandidaten, der bloß einen Sprachnachweis für eine deutsche Hochschule braucht, wenig. Zumal er für den einmal im Monat angebotenen Test 223 Euro zahlen muss. Der TOEIC hingegen kann mit beliebig buchbaren Einzelterminen zum Preis von 110 Euro punkten, 95 Euro mit Studentenrabatt.
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Anbieter legen auf unterschiedliche Kompetenzen wert
Ähnliches gilt für die Sonderform des TOEFL ITP. Er ist der kleine und viel billigere Bruder des TOEFL IBT (Internet based), der von Unis im Ausland angefordert wird. Im Gegensatz zu diesem wird beim TOEFL ITP nur auf dem Papier getestet und auch nur Hör- und Leseverständnis sowie Grammatik. Was zunächst wie eine Mogelpackung klingt, kann eine Alternative sein. "Vielen unserer Partner reicht der Nachweis der passiven Skills aus", sagt Judith Hackmann vom Berliner Unternehmen Language Testing Service, das die Tests aus Princeton in Deutschland vermarktet.
Auf der anderen Seite ist das hohe Renommee des vergleichsweise teuren Cambridge Certificate in Advanced English (CAE) nicht so belastbar, wie es der Anbieter verspricht. Angeblich soll es lebenslang gültig sein. Doch Manuela Richter im Berliner Regionalbüro von Cambridge English schränkt ein: "Diese Garantie gilt zwar von unserer Seite aus. Aber die anerkennenden Institutionen schränken das ein." Sie akzeptieren nämlich in der Regel nur Zertifikate, die höchstens zwei Jahre alt sind. Diese Gültigkeitsdauer gilt für alle anderen Sprachzertifikate auch.