Der amerikanische Arbeitsmarkt ist nicht mehr das Maß aller Dinge. Für viele Deutsche bleibt er dennoch ein Ziel: Im Lebenslauf von Führungskräften in internationalen Unternehmen ist eine Station in den USA ein fast notwendiger Bestandteil, viele Trends der Unternehmenskultur kommen nach wie vor von dort. Doch neue Mitarbeiter aus Übersee bedeuten für US-Unternehmen lästigen Papierkram. Deshalb haben nur besonders gute Bewerber eine Chance. Viel hängt auch davon ab, wie gut man sich verkaufen kann - und dass man keine Fehler macht, sagen Jobvermittler und Karriereberater.
Wer sich in den USA bewerben will, sollte von sich überzeugt sein. "Zur amerikanischen Kultur gehört die Haltung: Ich kann das, ich weiß das, ich will das", sagt Ingmar Eschli. Das müssten Bewerber adaptieren. Der Hamburger berät Berufseinsteiger und Arbeitnehmer auf seinen Internetportalen Auslandspraktikum.info und Karrierefaktor.de bei Karriereschritten ins Ausland.
Fokussieren, was zählt
Eine US-Bewerbung besteht aus einem drei bis vier Absätze langen Anschreiben (Cover Letter) und einem sogenannten Resümee, das die wichtigsten Punkte des Lebenslaufs zusammenfasst. Was wichtig ist, geht aus der Stellenbeschreibung hervor: Stationen, Projekte und Erfahrungen, die den Kandidaten für die angestrebte Position befähigen, werden genannt, alles andere fällt weg. Wer sich mit abstrakten Adjektiven wie teamorientiert und leistungsfähig charakterisieren will, muss erklären, was er damit meint, wie er sich diese Eigenschaften angeeignet hat und warum sie für die Position relevant sind.
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Aufgebaut ist das Anschreiben ähnlich wie in Deutschland: Der Kandidat erklärt, auf welche Stelle er sich bewirbt und warum er der Richtige dafür ist. Typisch amerikanisch sei es, im Cover Letter zusätzlich ein übergeordnetes Berufsziel zu skizzieren, sagt Mirco Schlottke. Der selbstständige Karriereberater hilft Berufseinsteigern im Rhein-Main-Gebiet, Praktika in den USA zu ergattern. Für sie hat er ein prominentes Vorbild parat: "Steve Jobs hat mal gesagt, dass er mit seinem iPhone die Welt verändern will." Ganz so überragend müsse die Vision zwar nicht sein, aber man sollte sich trauen, groß zu denken, sagt Schlottke.
Jobanwärter, die bereits ein temporäres Arbeitsvisum, ein befristetes Einreisevisum oder gar eine Greencard besitzen, sollten dies unbedingt erwähnen. Denn Visa für Fachkräfte werden nur begrenzt ausgegeben und kosten die Unternehmen viel Zeit und Geld. Viele Arbeitgeber schreckt das ab. Besser sieht die Situation für Studierende und Berufstätige aus, die für ein Praktikum in die USA gehen möchten. Sobald sie einen Praktikumsplatz vorweisen können, erhalten sie relativ unkompliziert ein Visum.
Auch mit sehr guten Englischkenntnissen kann man den Arbeitgeber davon überzeugen, dass er wenig Aufwand mit der Einstellung und Einarbeitung haben wird. Bewerber ohne international anerkanntes Zertifikat ihres Sprachniveaus können ihre Kenntnisse beispielsweise als "fließend in Wort und Schrift" oder "verhandlungssicher" beschreiben.
Ingmar Eschli rät zu Selbstbewusstsein: "Im Skype-Interview wird sich schnell herausstellen, ob dem Arbeitgeber Ihr Sprachniveau ausreicht oder Sie es anderen mit Fertigkeiten kompensieren können. Erstmal wollen Sie dieses Interview." Zeugnisse, Belege und Empfehlungsschreiben werden grundsätzlich erst auf Nachfrage eingereicht.
Das Resümee sollte maximal eine Seite lang sein. "Wer in den letzten zwei, drei Jahren Karrieresprünge gemacht hat, kann sich darauf beschränken", sagt Ingmar Eschli. Ein Arbeitnehmer, der seit mehreren Jahren auf einer Position ist, nennt am besten nur die letzten zwei Stationen.
Hobbys und ehrenamtliches Engagement werden erwähnt, wenn sie zur Stelle passen: "Der passionierte Läufer sollte seine privaten Interessen bei der Nike-Bewerbung betonen, der Flüchtlingshelfer bei der Nichtregierungsorganisation, nicht andersrum", sagt Eschli.
Foto, Herkunft und Familie sind tabu
Religion, Alter, Herkunft, Geschlecht, Familienstand, Kinder, Gesundheit und Foto sind in der Bewerbung verpönt. "Unternehmen haben große Angst vor Schadensersatzklagen", sagt Mirco Schlottke. Denn die amerikanischen Antidiskriminierungsgesetze fordern deutlich härtere Strafen als die deutschen. Unterlagen, die persönliche Merkmale enthalten, würden deshalb oft sofort aussortiert. Auf Unterschrift und Datum wird verzichtet.
Vor allem in Großunternehmen müssen Bewerber zunehmend standardisierte Verfahren durchlaufen, das heißt Formulare ausfüllen und Dokumente hochladen. Trotzdem wird viel Wert auf die persönliche Ebene gelegt. "Man sollte unbedingt herausfinden, wer der Ansprechpartner ist und ihn im Anschreiben direkt anreden", sagt Schlottke. Den Namen finde man meist auf der Firmenhomepage.
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Persönlich werden
Noch besser sind persönliche Beziehungen. Ein Tipp vom Experten: "Auf LinkedIn kann man Mitarbeiter suchen", sagt Schlottke. Bestenfalls findet man einen Personaler, den man mit seinem Anliegen konfrontieren kann. Andere Mitarbeiter könne man nach dem gesuchten Kollegen fragen.
Auf Kontakte zu Mitarbeitern - ob virtuell oder persönlich - sollte man in der Bewerbung unbedingt hinweisen, bei größeren Unternehmen zwecks Zuordnung mit deren Funktion: "Auch wenn der Personaler den Mitarbeiter aus der Fachabteilung nicht kennt, will er mitunter keinen wichtigen Bewerber ausschließen, zu dem ein Kollege bereits einen Kontakt aufgebaut hat", sagt Ingmar Eschli.
Stößt die Bewerbung auf Interesse, hängt eine Einladung zum Vorstellungsgespräch, Videointerview oder Assessment-Center möglicherweise auch von Menschen ab, die den bisherigen Karriereweg des Kandidaten begleitet haben. Mindestens zwei Referenzen sollten mit E-Mail und Telefonnummer genannt werden. Das können Arbeitgeber, Professoren oder der Doktorvater sein. Damit diese nicht überrascht sind und gut reagieren können, wenn das Unternehmen anruft, sollten sie vorher über die Bewerbung und die angestrebte Stelle informiert werden, rät Karrierecoach Schlottke.
Dranbleiben
Nachdem die Unterlagen abgeschickt sind, sollten Bewerber nicht lange auf Rückmeldung warten. "Nach drei bis fünf Tagen kann man anrufen und fragen, ob alles eingegangen ist und weitere Unterlagen benötigt werden", schildert Eschli seine Erfahrung. Während die rasche Nachfrage in Deutschland als aufdringlich empfunden würde, legten Amerikaner sie als Engagement aus.