Firmen wollen 250.000 Stellen schaffen:"Die Stimmung ist schlechter als die Lage"

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Gute Aussichten für 2012: In vielen Unternehmen laufen die Geschäfte gut, sie wollen in diesem Jahr neue Mitarbeiter einstellen. Doch das ist manchmal schwierig: Die Fachkräfte fehlen.

Thomas Öchsner

Jedes fünfte Unternehmen in Deutschland will in diesem Jahr neues Personal einstellen, obwohl die Wirtschaft weniger stark wachsen dürfte. 70 Prozent wollen die Anzahl ihrer Mitarbeiter stabil halten. Aber nur jeder neunte Betrieb beabsichtigt, den Kreis der Beschäftigten zu verkleinern. Das geht aus der neuen Konjunkturumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) bei mehr als 25.000 Unternehmen hervor.

Der DIHK rechnet 2012 mit 250.000 neuen Jobs. Die Anzahl der Arbeitslosen soll nach der Prognose um 150.000 fallen, mit 2,83 Millionen den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung erreichen. "Die Wirtschaft läuft rund", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben in Berlin und fügte hinzu: "Fast müsste man sagen: Die Stimmung ist schlechter als die Lage."

Immer mehr Firmen machen sich aber Sorgen wegen des Fachkräftemangels. Etwa jedes dritte Unternehmen sieht darin eine Gefahr für das eigene Geschäft - "ein besorgniserregender Wert", heißt es dazu beim DIHK. Dies befürchten laut der Umfrage vor allem Zeitarbeitsfirmen (84 Prozent) und Unternehmen in der Gesundheitsbranche und Sozialwirtschaft (69 Prozent). Wansleben sprach von einem "Fachkräftemangel auf breiter Front". Besonders betroffen seien auch das Baugewerbe, der Maschinenbau, Speditionen und Logistiker, das Gast- und Reinigungsgewerbe sowie die Telekommunikations- und IT-Branche.

Optimismus für 2012

Von den Krisenszenarien zeigte sich Wansleben wenig beeindruckt. So rechnet der DIHK damit, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dieses Jahr um 1,0 Prozent wächst. Damit zeigt sich der Kammerverband optimistischer als die Bundesregierung, die das mögliche Plus mit 0,7 Prozent beziffert. 2011 hatte das BIP noch um 3,0 Prozent zugelegt. Vor allem der Export zieht die Wachstumsrate nach unten: Die Ausfuhren könnten 2012 nur um 3,5 Prozent zulegen - das wäre nur etwa die Hälfte wie im Vorjahr.

Den privaten Konsum bezeichnete Wansleben als "wesentliche konjunkturelle Stütze". Nach der DIHK-Prognose dürfte er mit einem Plus von 1,2 Prozent fast so stark wachsen wie im Vorjahr. Ähnlich sieht es der Marktforscher GfK: Das Unternehmen prognostiziert, dass die Verbraucher real, also nach Abzug der Preissteigerung, ein Prozent mehr ausgeben. Trotz der niedrigen Arbeitslosigkeit und der erwarteten Lohnsteigerungen werde das Konsumplus aber niedriger als 2011 ausfallen.

Deutsche sind "Konsumoptimisten"

Die Sparneigung sei trotz Euro-Schuldenkrise und der Turbulenzen an den Börsen drastisch gesunken. "Galten die Deutschen früher als Angstsparer, sind sie mittlerweile die Konsumoptimisten Europas", sagte GfK-Chef Matthias Hartmann.

Nach der DIHK-Umfrage sieht fast die Hälfte der Betriebe ihre Lage als gut an. Nicht einmal jedes zehnte Unternehmen beurteilt sie als schlecht. 22 Prozent sind sogar überzeugt, dass die Geschäfte in den kommenden Monaten besser laufen werden. Wegen der Schuldenkrise sind jedoch viele Firmen verunsichert. "Es gibt so etwas wie eine Bugwelle der Verunsicherung, die die Unternehmen vor sich herschieben", sagte Wansleben. Dies gelte vor allem für Betriebe mit einem starken Geschäft in Europa. Dies wird vom Ifo-Institut bestätigt. "Für den Euro-Raum kann keine konjunkturelle Entwarnung gegeben werden", heißt es bei den Forschern, die ihr Barometer für diesen Raum vorlegten. Nur in Deutschland und Estland werde die Lage momentan als gut eingeschätzt.

© SZ vom 10.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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