Die Beschwerden der Unternehmen über die mangelnde Ausbildungsreife ihrer Azubis sorgten unlängst für Aufsehen. Sie seien unpünktich, disziplinlos und könnten weder richtig rechnen noch schreiben, hieß es. Jetzt hat die Regierung reagiert. Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) will mit dem Einsatz von 3200 Sozialarbeitern vorzeitige Hauptschulabbrüche eindämmen und lernschwache Jugendliche in eine Lehre vermitteln.
Das Kabinett billigte in Berlin zusammen mit dem Berufsbildungsbericht 2010 ein entsprechendes Hilfsprojekt, bei dem betroffene Schüler von der siebten Klasse an durch Bildungslotsen begleitet werden. Der Bund stellt bis 2018 dafür rund 775 Millionen Euro zur Verfügung. Weitere Unterstützung kommt von der Bundesagentur für Arbeit.
Mangelnde Ausbildungsreife
Auslöser des Programmes sind die Klagen der Wirtschaft über mangelnde Ausbildungsreife der Jugendlichen sowie Probleme der Arbeitsagenturen bei ihrer Vermittlung. Schavan sagte, die Zahl der Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss sei in den vergangenen Jahren zwar von rund zehn Prozent auf sieben Prozent gesunken. Gleichwohl sei ihre Gesamtzahl mit 60.000 pro Jahr immer noch zu hoch. Laut Berufsbildungsbericht wird zudem jede fünfte Lehre vorzeitig abgebrochen. Etwa 15 Prozent der jungen Erwachsenen zwischen 20 und 29 Jahren verfügen demnach über keinen Berufsabschluss.
Zunächst einmal 60.000 Hauptschüler sollen nun mit Hilfe der Berufslotsen eine mehrjährige, "gezielte Begleitung in die Ausbildung" bekommen, sagte Schavan bei der Vorstellung des Berufsbildungsberichtes. "Wir werden das Potential dieser junger Menschen fördern und entfalten." Die Lotsen sollen nach Angaben Schavans etwa Sozialpädagogen sein, "junge Senioren mit viel Berufserfahrung" oder "junge Frauen und Männer mit Migrationshintergrund, die Brücken bauen können".
Stärken und Schwächen
Ein Drittel von ihnen soll ehrenamtlich arbeiten, die restlichen hauptamtlich. Jeder von ihnen wäre im Schnitt für 19 Schützlinge zuständig.
Nach den Worten Schavans sollen zunächst in der siebten Klasse die Stärken und Schwächen sowie die Interessen der Schüler festgestellt werden. In der achten Klasse sollen sie dann zwei Wochen lang in sogenannten Praxisstationen den Berufsalltag kennenlernen. In Klasse zehn folge dann ein Berufspraktikum. Der Deutsche Gewerkschaftsbund lobte die Initiative der Regierung als "richtigen Ansatz".
Immer weniger Verträge
Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge ging im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 8,2 Prozent auf rund 566.000 Verträge zurück, wie aus dem vom Kabinett verabschiedeten Berufsbildungsbericht hervorgeht. Gleichzeitig sank aber auch die Zahl der ausbildungssuchenden Jugendlichen um 8,8 Prozent auf knapp 576.000. Damit habe sich die Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt fortgesetzt. Schavan hob hervor, dass Ende September die Zahl der noch unbesetzten Ausbildungsplätze die Zahl der Bewerber übertraf. "Das ist für junge Leute eine gute Situation." Auch denjenigen, die über Jahre "nicht untergekommen" seien, biete sich nun die Chance auf einen Ausbildungsplatz.
Auch in diesem Jahr wird die Zahl der Ausbildungsplätze laut Berufsbildungsbericht weiter sinken - schätzungsweise um 20.200 Plätze. Die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen werde aber ebenfalls zurückgehen, daher werde sich die Situation statistisch für die Jugendlichen nicht verschlechtern.
"Erhebliche Probleme" durch Fachkräftemangel
Die Ministerin sagte, schon jetzt gebe es Regionen, in denen zu wenige Fachkräfte zur Verfügung stehen. Betriebe, die jetzt nicht ausbildeten, würden in einigen Jahren "erhebliche Probleme" haben. Die Maßnahmen der Regierung seien "wirksam und wichtig" um zu verhindern, dass der Fachkräftemangel hierzulande einmal "die größte Wachstumsbremse wird".