Arbeitsmarkt:Nahles will Jugendliche bis 18 vom Mindestlohn ausnehmen

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Berlin (dpa) - Arbeitsministerin Andrea Nahles will Jugendliche unter 18 Jahren vom geplanten gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde ausnehmen.

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Berlin (dpa) - Arbeitsministerin Andrea Nahles will Jugendliche unter 18 Jahren vom geplanten gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde ausnehmen.

„Wir müssen verhindern, dass junge Menschen lieber einen besser bezahlten Aushilfsjob annehmen, statt eine Ausbildung anzufangen“, sagte die SPD-Politikerin der „Bild am Sonntag“. Angesichts erheblicher Skepsis in der Union mahnte Kanzlerin Angela Merkel, die Lohnuntergrenze dürfe keine Jobs gefährden.

Laut Koalitionsvertrag von Union und SPD wird zum 1. Januar 2015 bundesweit ein flächendeckender, gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro eingeführt. Nach Berechnungen des Arbeitsministeriums profitieren 3,7 Millionen Menschen davon. Ihren Gesetzentwurf will die Ministerin Anfang dieser Woche den anderen Ressorts zuleiten.

Der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) forderte, die Altersuntergrenze auf 21 Jahre anzuheben. Viele Heranwachsende stünden überhaupt erst mit 18 Jahren vor der Entscheidung, einen Ausbildungsvertrag zu unterschreiben, sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Reinhard Göhner der „Berliner Zeitung“ (Montag). Zudem seien Ausnahmen für Langzeitarbeitslose und Personen, die am Arbeitsmarkt schwer zu vermitteln seien, erforderlich.

Nahles lehnte weitere, auch von der Union geforderte Ausnahmen ab, etwa für Rentner oder Minijobber. „Warum sollen Menschen schlechter bezahlt werden, nur weil sie älter sind oder weniger Stunden arbeiten als andere?“, fragte sie. Gespräche über Ausnahmen bis 2017 habe sie aber mit Gaststättenbetrieben, Taxifahrern, Callcentern, Zeitungsverlegern, Erntehelfern geführt.

Nahles bestritt, dass der Mindestlohn nennenswert Arbeitsplätze kosten wird. „Ich prognostiziere, dass der allgemeine Mindestlohn keine negativen Effekte auf den Arbeitsmarkt hat“, sagte sie der Zeitung.

In einem „ernsthaften Dialog“ steht Nahles nach eigenen Worten mit Branchen, die Probleme mit einem Stundenlohn von 8,50 Euro haben. Diese hätten aber bis zum 1. Januar 2017 Zeit, ihre Löhne über Tarifverträge schrittweise auf 8,50 Euro anzuheben. Über diesen Zeitpunkt hinaus werde es keine Ausnahmen mehr geben. „Ich sage klipp und klar: Es wird nicht möglich sein, über dieses Zeitfenster hinaus ganze Branchen aus dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn auszunehmen.“

Die Einhaltung des Mindestlohns will das Arbeitsministerium streng überwachen. „Ich möchte eine Info-Hotline einrichten, bei der Anrufer Verstöße melden können“, sagte Nahles. Das habe in Großbritannien gut geklappt.

Die Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht warf der SPD vor, ihr „Mindestlohn-Wahlversprechen“ zu brechen. Die große Koalition bastele derzeit an einem Konstrukt, welches mit einem allgemein gültigen, flächendeckenden Mindestlohn nichts zu tun habe. „Das Ganze ist ein einziger Flickenteppich mit vielen Ausnahmen.“

Kanzlerin Merkel verwies in ihrem Video-Podcast auf die Warnung des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, „dass wir durch die Einführung eines Mindestlohns Arbeitsplätze verlieren könnten“. Deshalb diskutiere die schwarz-rote Bundesregierung „jetzt auch sehr intensiv bei der Gesetzgebung, wie wir genau dieses verhindern können“. Merkel trifft sich am Mittwoch mit dem Sachverständigenrat, den sogenannten Wirtschaftsweisen.

Sie hatte am Freitag nach einem Spitzengespräch mit den großen Wirtschaftsverbänden in München betont, beim Mindestlohn gehe es darum, Fehlanreize zu vermeiden. „Sie dürfen davon ausgehen, dass wir Ihre Ratschläge auch aufnehmen und auch einiges davon umsetzen.“ Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Michael Fuchs (CDU) sagte der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag), an diesem Dienstag müssten beim Dreiertreffen der Parteichefs Merkel, Sigmar Gabriel (SPD) und Horst Seehofer (CSU) Nägel mit Köpfen gemacht werden.

Der designierte neue Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Reiner Hoffmann, forderte in der „Leipziger Volkszeitung“ eine zügige Erhöhung des Mindestlohns, und zwar im jährlichen Rhythmus und gekoppelt an die Tarifentwicklung.

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