Arbeitskultur bei Banken:Viel Ehrgeiz und wenig Schlaf

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Schuften Londons Banker zu hart? Nach zwei Todesfällen regt sich Kritik an den Arbeitsbedingungen. Aber Banken ziehen gerade jene Hochschul-Absolventen an, die viel Wert auf Geld und wenig Wert auf Freizeit legen.

Von Björn Finke, London

Machen Banker Schlagzeilen, geht es häufig um hohe Boni oder um Mauscheleien zu Lasten der Kunden. Doch in den vergangenen Wochen gab es noch andere Nachrichten - Geschichten, die nicht in das Klischeebild passen vom skrupellosen, aber gut verdienenden Manager in der City, dem Londoner Finanzdistrikt. Geschichten über Banker als Opfer. Innerhalb weniger Tage begingen zwei Banker in London Suizid. Es ist unklar, ob eine Verbindung besteht zwischen den Verzweiflungstaten und dem Berufsleben der Verstorbenen. Die Debatte, ob die Arbeitsbedingungen in der City nicht zu hart sind, flammte aber trotzdem wieder auf.

Endlose Tage im Büro, ständiger Stress, Konkurrenzkampf mit den Kollegen, dafür hohe Gehälter - so sieht das Berufsleben vieler Banker aus. Paul Farmer hält das für ungesund: "Die langen Arbeitstage und die teilweise schädliche Firmenkultur in der City können zu mehr Stress führen, als man ertragen kann", sagt der Chef der Stiftung Mind, die sich für Menschen mit psychischen Problemen einsetzt.

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Die Diskussion über Stress and the City wurde angestoßen durch den Tod eines 21-jährigen Deutschen im August. Der Betriebswirtschafts-Student war leblos in der Dusche seiner Wohnung gefunden worden, Ursache war ein epileptischer Anfall. Der junge Mann hatte als Praktikant bei der Bank of America Merrill Lynch in London gearbeitet, er wollte Investmentbanker werden und einen guten Eindruck hinterlassen. Daher soll er mehrere Tage und Nächte durchgeschuftet haben, wie Kollegen aussagten. Der Tote soll lange keine epileptischen Anfälle mehr gehabt haben - deswegen vermuten manche, Schlafmangel könnte den Vorfall mitausgelöst haben.

Bank of America Merrill Lynch und andere große Finanzkonzerne wie Goldman Sachs, JP Morgan, Credit Suisse, Citigroup und Deutsche Bank haben reagiert und Regeln erlassen, die Praktikanten und Nachwuchs-Banker vor zu viel Wochenend- und Nachtarbeit schützen sollen.

Nachtarbeit, Sonderschichten und rücksichtlose Chefs

Allerdings zweifeln Kritiker daran, dass solche Vorhaben etwas bewirken. Jobs als Investmentbanker in der City sind weiterhin hervorragend bezahlt und heiß begehrt, und die langen Arbeitszeiten sind kein Geheimnis. Daher ziehen Einsteiger-Posten dort gerade jene Hochschul-Absolventen an, die neben Top-Noten eben auch die passende Einstellung mitbringen: Leute, die sehr ehrgeizig sind und sich gerne in hartem Wettbewerb gegen andere durchsetzen, Leute, denen Geld viel und Freizeit wenig bedeutet. In so einem Umfeld können Nachtarbeits-Verbote schnell umgangen werden. Wer Vorgesetzte beeindrucken und seine Kollegen faul aussehen lassen will, legt eben zu Hause eine Sonderschicht ein. Oder ein rücksichtsloser Chef fordert ihn dazu sogar insgeheim auf.

Durch die Finanzkrise und die Entlassungen danach hat der Konkurrenzdruck in den Banken noch zugenommen - es gibt nun weniger Posten zu vergeben. Zugleich sanken die Gewinne der Konzerne, und die Regulierung wurde verschärft. Beides führte dazu, dass die Boni geschrumpft sind, selbst wenn Barclays da nun eine Ausnahme macht. Deswegen kommt es seltener vor, dass Banker schnell Millionäre werden und sich früh zur Ruhe setzen oder zumindest das Unternehmen verlassen. Sie blockieren somit attraktive Jobs, die auch Nachwuchsleute gerne hätten.

Die zwei Suizide aus den vergangenen Wochen betrafen allerdings Manager, die schon länger dabei sind, keine Berufseinsteiger. Und es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass sie unter Überarbeitung gelitten hätten.

© SZ vom 12.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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