Abschaffung von Studiengebühren:Erst denken, dann handeln

Man kann sie noch so sehr hassen - Studiengebühren bringen den Unis Geld. Nordrhein-Westfalen kann sie erst abschaffen, wenn ein neues Finanzierungskonzept steht.

Johann Osel

Selbst der erbittertste Feind von Studiengebühren kann nicht bestreiten, dass sie Verbesserungen bringen. Mit den 250 Millionen Euro, die Nordrhein-Westfalens Hochschulen jährlich kassieren, wurde der Uni-Alltag für viele Studenten angenehmer: Für zusätzliche Kurse war plötzlich Geld da, Öffnungszeiten von Bibliotheken konnten verlängert und Hunderte neue Stellen geschaffen werden.

Freude bei den Studenten:  Die nordrhein-westfälische Landesregierung will die Studiengebühren an den Hochschulen des Landes zum Wintersemester 2011/2012 abschaffen. (Foto: dpa)

Doch fraglos sind die Gebühren für Studenten eine Belastung - vor allem für jene aus bildungsfernen Schichten, wo die Eltern nicht mal eben den Betrag für ihre Kinder übernehmen können. Zudem gehört es zu den selbstverständlichen Aufgaben eines Staates, beste Bedingungen an seinen Hochschulen zu gewährleisten. Eigentlich muss er das ohne Extra-Einnahmen schaffen.

Die rot-grüne Koalition in Düsseldorf hat deshalb bisher alles richtig gemacht. Sie will die Gebühren streichen, aber erst zum Wintersemester 2011/2012 - um bis dahin für die Unis eine Kompensation aus dem Etat zu organisieren. Eine Abschaffung per Handstreich, wie sie die Linke fordert, würde zwar die Lage vieler klammer Studenten ruck, zuck verbessern. Doch kann man ein solches Projekt nicht hurtig in den Nachtragsetat hineinflicken. Ohne Finanzierungskonzept würden am Ende alle Studenten leiden. Denn die Unis würden auf eine solche Politik reagieren, indem sie Angebote abbauen.

Mit der Abschaffung der Gebühren nimmt sich Rot-Grün in die Pflicht. Denn die Kompensation für die Hochschulen muss auf Dauer verlässlich sein, sie darf nicht je nach Kassenlage ausfallen. Es kommt also sowohl auf Augenmaß wie auf Seriösität an - und genau nach dieser Devise geht das Kabinett offenbar vor.

© SZ vom 02.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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