Gesundheit:Die Gefahren durch Blei werden unterschätzt

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Die Weltbank-Zentrale in Washington. (Foto: Valery Sharifulin/Imago Images/Itar-Tass)

In ärmeren Ländern verursacht das Schwermetall noch immer massive Gesundheitsschäden, warnen Forscher. Die Rede ist von Hirnschäden bei Kindern sowie weltweit Millionen Todesfällen.

Vor allem in ärmeren Ländern sterben neuen Schätzungen zufolge mehrere Millionen Menschen im Jahr an den Folgen einer hohen Belastung mit Blei. Zudem führten solche Kontaminationen dazu, dass Kinder neurologische Schäden davontrügen. In Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen (LMICs) verlören sie in ihren ersten fünf Lebensjahren im Schnitt knapp sechs IQ-Punkte, schreiben Forscher der Weltbank im Fachblatt The Lancet Planetary Health. Demnach wären die Schäden wesentlich größer als bisher angenommen.

Die WHO führt Blei in ihrer Liste der zehn Chemikalien, die für die Gesundheit der Allgemeinbevölkerung eine große Gefahr darstellen. Das giftige Schwermetall reichert sich in Knochen, Muskeln und im Gehirn an. Es kann unter anderem das Herz-Kreislauf-System, die Nieren und das Nervensystem schädigen. Insbesondere bei Kindern kann Blei zu ernsthaften und bleibenden neurologischen Schäden führen.

Zwar habe sich die Belastung mit Blei global gesehen deutlich reduziert, seitdem verbleites Benzin nach und nach verbannt wurde, schreiben die beiden Weltbankforscher Bjorn Larsen und Ernesto Sánchez-Triana. Dennoch können insbesondere in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen Menschen noch immer hohen Bleikonzentrationen ausgesetzt sein. Die Liste der potenziellen Bleiquellen ist lang: Unter anderem gehören dazu Lebensmittel, der Bergbau, verbleite Farben, Spielzeug, Kosmetikprodukte, Elektroschrott und Düngemittel.

Wie das Blei in die Umwelt gelangt, ist oft unklar

Die Forscher gehen davon aus, dass im Jahr 2019 rund 5,5 Millionen Erwachsene allein an bleibedingten Herz-Kreislauf-Erkrankungen gestorben sind - vor allem in LMICs. Zudem schätzen die beiden Wissenschaftler, dass das Einkommen der Menschen durch den niedrigeren Intelligenzquotienten auf ihr ganzes Leben gerechnet um zwölf Prozent geringer ist.

Larsen und Sánchez-Triana schätzen den durch Bleikontaminationen rund um den Globus entstandenen wirtschaftlichen Schaden auf sechs Billionen US-Dollar im Jahr 2019. Das entspricht ihnen zufolge etwa sieben Prozent der damaligen Weltwirtschaftsleistung. Mehr als drei Viertel (77 Prozent) dieser enormen Kosten entstehen demnach als Folge der Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das übrige knappe Viertel (23 Prozent) geht auf Einkommenseinbußen durch neurologische Schäden zurück.

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Die Belastung mit Blei müsse schnellstens sinken, betonen die Forscher. Dafür müsste man aber besser Bescheid wissen, woher genau das von Menschen aufgenommene Blei stammt - und wie belastet Menschen in bestimmten Regionen tatsächlich sind. Zudem fordern die Wissenschaftler wirksame Gesetze, um die Bleibelastung zu senken.

Die Forscher gehen auch auf Schwächen ihrer Untersuchung ein. So sei es schwer, die Bleikonzentration im Blut von Menschen rund um den Globus genau abzuschätzen. Ihre Berechnungen beruhen auf Modellen, die je nach Region von bestimmten Bleikonzentrationen im Blut der Menschen ausgehen. Demnach ist die durchschnittliche Bleikonzentration im Blut in Schwellen- und Entwicklungsländern (46 Mikrogramm pro Liter) mehr als drei Mal so hoch wie in Industrienationen (13 Mikrogramm pro Liter). Zum Vergleich: Bei einer jahrzehntelangen Messreihe bei Studierenden in Münster sank die Bleikonzentration im Blut pro Liter von gut 77 Mikrogramm im Jahr 1985 auf unter neun Mikrogramm im Jahr 2021.

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