Streit um die Honorare:Ärztekammerpräsident droht mit "heißem Herbst"

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Nach den geplatzten Verhandlungen mit den Krankenkassen spricht Frank Ulrich Montgomery von "Folterinstrumenten" und setzt auf Eskalation. Die Kassen betrieben ein "Kartell der Verantwortungslosigkeit, das endlich gebrochen werden muss", sagt der Ärztekammerpräsident. Und stellt die Grundsatzfrage.

Im Streit um die Ärzte-Honorare hat Ärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery den Krankenkassen einen "heißen Herbst" angedroht. Die niedergelassenen Ärzte würden nach den zunächst geplatzten Honorarverhandlungen nicht locker lassen, sagte Montgomery den Ruhr Nachrichten. "Es war nicht zu erwarten, dass der Gegner schon beim ersten Zeigen der Folterinstrumente einknickt", sagte Montgomery. Er kündigte an, dass die Ärzte "bei ihren Aktionen auf eine Eskalationsstrategie setzen und den Druck Schritt für Schritt erhöhen werden." Die Ärzte hätten einen langen Atem. "Wenn die Kassen nicht einlenken, werden sie einen heißen Herbst erleben." Die Kassen betrieben ein "Kartell der Verantwortungslosigkeit, das endlich gebrochen werden muss", sagte Montgomery.

Für die Erhöhung der Ärztehonorare geht Frank Ulrich Montgomery aufs Ganze. Der Präsident der Bundesärztekammer droht den Krankenkassen, die er "Kartelle der Verantwortungslosigkeit" nennt, mit einem "heißen Herbst". (Foto: dapd)

Die Gesellschaft müsse entscheiden, was für eine medizinische Versorgung sie sich leisten wolle. Die vorgeschlagenen Erhöhungen für die etwa 150.000 niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten seien "nur ein Tropfen auf den heißen Stein". Sie bedeuteten für die niedergelassenen Ärzte massive Verschlechterungen.

Die Mediziner wollen bundesweit per Urabstimmung über Warnstreiks und Praxisschließungen entscheiden. Die Verhandlungen mit den Krankenkassen hatten Spitzenvertreter der Ärzte am Montag vorerst platzen lassen. Noch im September müssen sich die Patienten darauf einstellen, lange auf Arzttermine warten zu müssen und zu ambulanten Behandlungen in Kliniken verwiesen zu werden.

Die Ärzte lehnen einen Schlichterspruch, der den Kassenärzten für das nächste Jahr eine Honorar-Erhöhung von 270 Millionen Euro oder 0,9 Prozent zugestanden hat, ab. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung fordert für die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten stattdessen insgesamt 3,5 Milliarden Euro, was ein Plus von etwa elf Prozent wäre.

Diese Forderung bezeichnete Montgomery als vernünftiges Verhandlungsangebot und als keinesfalls überzogen. "Die niedergelassenen Ärzte haben zwei Nullrunden hinter sich. Die letzte Steigerung gab es 2009. Deshalb bezieht sich die Forderung nach elf Prozent auf einen Zeitraum von drei Jahren. Damit wird lediglich die Kostensteigerung bei den Praxisausgaben für Miete und Gehälter abgefangen, mehr nicht", sagte Montgomery.

Von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) verlangte Montgomery, mit den Kassen jetzt Klartext zu reden. "Die Krankenkassen verfolgen schon seit längerem einen Crashkurs gegenüber Deutschlands Ärzten. Wir benötigen einen neuen Anlauf für Verhandlungen. Die Krankenkassen werden drauflegen müssen."

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Jens Spahn (CDU), hat indes eine Rückkehr der Kontrahenten an den Verhandlungstisch gefordert. Der Honorarstreit zwischen Ärzten und Krankenkassen dürfe auf keinen Fall zu Lasten der Patienten ausgetragen werden, sagte Spahn dem SWR. Angesichts der teilweise unfairen Stimmungsmache der Krankenkassen sei der Unmut der Ärzte zwar verständlich, nicht aber die Eskalation, die sich nun anbahne.

Spahn verwies darauf, dass die 270 Millionen Euro des Schlichterspruchs nur ein Teil der zu verhandelnden Summe seien. "Es könnten also jetzt immer noch locker einer Milliarde Euro zusätzlich für die Ärzte rauskommen", sagte er und fügte hinzu: "Und deswegen wünsche ich mir eigentlich, dass da weiterverhandelt wird und es jetzt am Ende nicht weiter eskalieren wird."

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