USA: Konservative Christen und Liberale vereint gegen das Impfen
Schon 154 Masern-Fälle zählen die USA in diesem Jahr, ein Großteil darauf ist auf einen Ausbruch in Disneyland im Dezember zurückzuführen. Die Epidemie hat eine heftige Debatte über die Verantwortung der "Anti-Vaxxers" ausgelöst, jene Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen - aus religiösen Gründen oder einer medizinisch unbegründeten Angst, dass dies Autismus auslösen könnte.
Eine Form ganz strenger Impfpflicht gibt es nur in zwei Bundesstaaten, Mississippi und West Virginia. Im Rest des Landes können Eltern aus religiösen und weltanschaulichen Gründen die Schutzvorkehrungen verweigern. Manchmal genügt hierfür eine Unterschrift, vielerorts müssen Ärzte eine Bescheinigung ausstellen - eine Praxis, die unter Medizinern für erhitzte Diskussionen gesorgt hat.
Im Jahr 2000 hatte die US-Gesundheitsbehörde CDC die Masern für beseitigt erklärt, doch in den vergangenen Jahren sank die Impfquote konstant auf derzeit 91 Prozent. 2014 gab es in den USA 644 Masern-Erkrankungen, so viele wie noch nie in diesem Jahrtausend.
In einigen Bundesstaaten arbeiten Politiker daher daran, die Impf-Ausnahmen einzuschränken. 68 Prozent der Amerikaner sind laut einer Meinungsumfrage für eine komplette Impfpflicht, 30 Prozent sprechen sich dafür aus, den Eltern die Entscheidung freizustellen.
Zu den Impfgegnern gehören nicht nur ultrareligiöse Christen wie die Amischen, die im vergangenen Jahr in Ohio eine große Masern-Welle erlebten; auffallend niedrige Impfquoten finden sich in einigen der liberalsten und wohlhabendsten Bezirken der Westküsten-Staaten Kalifornien, Oregon und Washington. Wissenschaftsjournalist Seth Mnookin, der seit Jahren über die Entwicklung berichtet, erklärte einmal nur halb im Scherz: Um die Wohnorte von Impfgegnern zu finden, genüge es, einen Kreis um Amerikas Biomärkte zu ziehen.
Johannes Kuhn, San Francisco