Krankheiten - Marburg:Hessische Virologen untersuchen mehr Proben auf Coronavirus

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Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Virologen in Hessen testen eine wachsende Zahl von Proben auf das neuartige Coronavirus. "Die Anzahl der Proben, die wir untersuchen, nimmt natürlich jetzt zu", sagte Stephan Becker, der Direktor des Instituts für Virologie der Uni Marburg, am Donnerstag. "Es ist eine neue Phase für Deutschland, eine neue Phase der Epidemie." Dass man es nun mit mehr Proben zu tun habe, spiegele auch die Besorgnis in der Bevölkerung wider, meinte Becker.

Bislang wurde das Virus nicht bei den in Marburg durchgeführten Tests nachgewiesen. Die genaue Zahl der Proben wurde nicht bekannt. Auch in Frankfurt, wo es ebenfalls ein virologisches Institut gibt, werden Proben untersucht. Ihre Zahl wird aber ebenfalls nicht genannt.

Am Mittwoch war wegen eines Verdachtsfalls ein aus Frankfurt kommender Zug in Idar-Oberstein gestoppt worden. Am Donnerstag gab es Entwarnung: Der Fahrgast war nicht infiziert, das Testergebnis sei negativ ausgefallen, teilte die Kreisverwaltung Birkenfeld mit. Der im Saarland wohnende Mann hatte nach einer Geschäftsreise in Italien an sich selbst Symptome festgestellt, der Zug war unterwegs von Frankfurt nach Saarbrücken.

Nach verschiedenen Airlines geht nun auch der Frankfurter Flughafen wegen der Corona-Krise auf Sparkurs. Das Fracht- und Passagieraufkommen im China-Verkehr ist eingebrochen, so dass der Betreiber Fraport zu viel Personal an Bord hat. Konkret sollen Neueinstellungen nur noch im Ausnahmefall möglich sein. Dem Personal werden unbezahlter Urlaub und reduzierte Arbeitszeiten nahe gebracht, erklärte ein Fraport-Sprecher am Donnerstag.

Die Lufthansa hat den Schutz ihrer Mitarbeiter gegen das neuartige Virus ausgeweitet. Danach dürfen Flugbegleiter nun auch auf bestimmten Verbindungen nach Italien Atemschutzmasken tragen, erklärte ein Sprecher des Unternehmens am Donnerstag. Dies war zuvor schon auf Flügen nach Südkorea und Hongkong erlaubt.

An Bord gebe es etablierte Standardverfahren zum Umgang mit möglicherweise infizierten oder kranken Personen. Die Patienten würden isoliert, ihre Umgebung desinfiziert sowie die zuständigen Behörden und das betriebseigene "Medical Operation Center" in Frankfurt informiert. Bislang gebe es unter den Lufthansa-Mitarbeitern keinen einzigen bestätigten Verdachtsfall.

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Hessen und die Gesundheitsämter im Land sind unterschiedlicher Auffassung, ob Verdachtsfälle zuerst auf Grippe getestet werden sollen. "Die von einigen Gesundheitsämtern inzwischen veröffentlichte Forderung nach einem Influenza-Schnelltest als erste Maßnahme zur Abklärung ist in der ambulanten Versorgung nicht umsetzbar", heißt es auf einer Info-Seite der KV Hessen. Der Schnelltest sei keine Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung, könne also nicht abgerechnet werden.

Virologen aus Frankfurt und Marburg sind in der Forschung aber an vorderster Front dabei. Kürzlich haben sie einen gemeinsamen Fachaufsatz im "New England Journal of Medicine" veröffentlicht. Darin beschreiben sie, dass "ein Rachenabstrich für den Virusnachweis ausreichend und nicht, wie bisher angenommen, eine Probe aus den tiefen Atemwegen erforderlich ist". Der Abstrich sei auch sicherer als ein "symptombasiertes Screening".

Die Erkenntnisse fußen auf den 126 Personen, die Anfang Februar von der Luftwaffe aus China zurückgeholt worden waren. Während des Flugs wurden zehn Passagiere isoliert, weil sie typische Symptome zeigten - sie waren aber gar nicht infiziert, wie sich später herausstellte. Hingegen wurde das Virus in den Rachenabstrichen von zwei anderen Rückkehrern nachgewiesen, die keine Krankheitszeichen gezeigt hatten.

Angesichts der Ausbreitung des Coronavirus rät die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ihren Gemeinden, "in Gottesdiensten beim Abendmahl im Zweifelsfall auf das Herumreichen des Kelches mit Wein zu verzichten". In einer am Donnerstag veröffentlichten Handreichung heißt es, "dass sich auch Kirchengemeinden selbstverständlich nach den Anweisungen der zuständigen Gesundheitsbehörden zu richten haben". Das könne beispielsweise die Schließung von Kitas oder die Absage von Veranstaltungen betreffen.

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