Medikamentensicherheit:Code soll Patienten schützen

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Alle verschreibungspflichtigen Medikamente, wie etwa Antibiotika oder starke Schmerzmittel, sollen neue Sicherheitsmerkmale bekommen. (Foto: dpa)

Europaweite Sicherheitsmerkmale sollen helfen, gestohlene und gefährliche Medikamente zu identifizieren. Das könnte funktionieren - aber leider nur in einigen Fällen.

Von Michaela Schwinn

Der Markt für Arzneimittel ist unübersichtlich: Pillen, Säfte und Salben werden von einem Land ins nächste verkauft, sie werden umverpackt und neu etikettiert. Sie wandern durch viele Hände, bevor sie in den Einkaufstaschen der Kunden landen. Um diese Vorgänge transparenter zu machen, soll im Februar 2019 ein europäisches Projekt mit dem Namen Securpharm beginnen. Es setzt eine EU-Richtlinie um, die 2011 verabschiedet wurde. Apotheken in Deutschland und vielen anderen EU-Ländern bereiten sich derzeit darauf vor. Hätte dieses System die jüngsten Pharmaskandale um das Unternehmen Lunapharm und den verunreinigten Blutdrucksenker Valsartan verhindern können?

Securpharm ist in der Theorie ganz simpel. Alle verschreibungspflichtigen Medikamente, wie etwa Antibiotika oder starke Schmerzmittel, sollen neue Sicherheitsmerkmale bekommen. Sie haben einen Manipulationsschutz - einen Streifen, den man abreißen muss, um die Packung zu öffnen. Außerdem wird auf jede Schachtel ein Code gedruckt, der in der Apotheke gescannt wird. Wurde eine Seriennummer bereits woanders erfasst oder wird sie nicht erkannt, wird der Apotheker gewarnt.

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Im Fall Lunapharm kamen gestohlene Krebsmittel aus Griechenland - und vielleicht auch Italien - in deutsche Apotheken. "Das wäre sehr wahrscheinlich nicht passiert, wenn wir das System schon gehabt hätten", sagt Friedemann Schmidt, der Präsident des Apothekerverbandes. Die Tabletten wären in den griechischen und italienischen Kliniken bereits registriert gewesen. Hätte ein deutscher Apotheker die Packung gescannt, wäre dann eine Warnung erschienen.

"Bei Valsartan hätte das gar nichts gebracht", sagt Schmidt. Der Blutdrucksenker wurde während der Herstellung in China offensichtlich mit einem krebserregenden Stoff verunreinigt. "Die Packung war völlig in Ordnung. Und den Inhalt kann der Scanner ja nicht prüfen."

Ein Stück weit könnte das neue System den Arzneimittelmarkt also sicherer machen, besonders gegen gefälschte oder gestohlene Ware. Aber es funktioniere nur, wenn künftig alle Medikamente in Europa diesen kleinen Code tragen. "Und da bin ich überhaupt nicht optimistisch", sagt Schmidt. Zwar sind alle EU-Staaten verpflichtet, die Vorgaben umzusetzen, einige Länder wie Griechenland und Italien haben dafür aber sechs Jahre länger Zeit. "Bis die Maßnahme wirklich greift, kann es noch viele Jahre dauern", sagt Schmidt.

Und auch in Deutschland gibt es noch Bedenken. Krankenhausapotheken, die palettenweise Medikamente geliefert bekommen, wissen noch nicht, wie sie damit umgehen sollen. Muss extra jemand eingestellt werden, der den ganzen Tag die Packungen scannt? Auch könnten die Codes nicht garantieren, ob Tabletten und Salben während des Transportes richtig gelagert oder gekühlt werden.

Viel wichtiger als technische Kontrollen findet Schmidt deshalb, dass alle, die mit Arzneimitteln zu tun haben, wieder mehr Verantwortung für die Produkte übernehmen. "Früher war es einfach selbstverständlich, in hoher Qualität zu liefern, das war Alltagskultur", sagt Schmidt. "Nach 20 Jahren scharfem Wettbewerb und Kostenkontrollen ist das plötzlich weg.

© SZ vom 13.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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