Infektionskrankheiten:Was über das Zika-Virus bekannt ist

Lesezeit: 3 min

In Lateinamerika grassiert das Zika-Virus, das wahrscheinlich Fehlbildungen bei Babys auslöst. Die WHO hat den höchsten Alarm ausgerufen. Was bedeutet das für Einwohner und Reisende?

Fragen und Antworten von Berit Uhlmann

In mehr als 20 Staaten Lateinamerikas grassiert das Zika-Virus, das im Verdacht steht, schwere Fehlbildungen bei Neugeborenen hervorzurufen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO rief aufgrund der Gefahr für Ungeborene den internationalen Gesundheitsnotfall aus. Mehrere Behörden warnen Schwangere vor Reisen in die Gebiete. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was bedeutet der Alarm der WHO?

Die WHO erklärt den Notfall, wenn sich eine Krankheit so weit ausbreitet, dass sie für viele Staaten ein Gesundheitsrisiko darstellt und deshalb eine koordinierte internationale Reaktion erfordert. Im Falle von Zika geht es allerdings weniger um praktische Antworten auf den Ausbruch, sondern zunächst einmal um die Aufklärung der Ereignisse. Als ersten Schritt riet die WHO, die Kriterien zur Erfassung der Fehlbildungen bei Kindern (Mikrozephalie) zu vereinheitlichen und die Ursachen zu klären. Zugleich sollte die Forschung verstärkt werden, um dringend benötigte Impfstoffe, Medikamente und einfach zu handhabende Tests zu entwickeln. Bis ein Impfstoff bereitsteht, dürften allerdings noch Jahre vergehen.

Weltgesundheitsorganisation
:Zika-Virus: WHO ruft höchsten Alarm aus

Die Epidemie ist jetzt ein "internationaler Gesundheitsnotfall". Zika steht im Verdacht, schwere Fehlbildungen bei Neugeborenen hervorzurufen.

Von Berit Uhlmann

Sollten Schwangere Lateinamerika meiden?

Die Seuchenschutzbehörden der USA und Europas haben Schwangeren von Reisen in die Zika-Gebiete abgeraten. Auch Brasilien empfiehlt werdenden Müttern nicht zu den Olympischen Spielen nach Rio de Janeiro anzureisen. Dagegen hat sich die WHO ausdrücklich gegen jede Reise- und Handelsbeschränkung ausgesprochen. Solche Restriktionen sind für die WHO heikel: Mitgliedsstaaten könnten sich zukünftig weigern, Krankheitsausbrüche rechtzeitig zu melden.

Woran leiden die betroffenen Babys?

Die Kinder werden mit einem deutlich kleineren Kopf geboren als gesunde Babys. Von der so genannten Mikrozephalie sprechen Ärzte, wenn der Kopfumfang kleiner als 32 Zentimeter ist. Durchschnittlich umfasst der Schädel eines Neugeborenen etwa 34 Zentimeter. Meist ist das Gehirn der Kinder unterentwickelt. Den Kindern drohen deshalb Entwicklungsverzögerungen und geistige Behinderungen. Ärzte beobachten zudem Krampfanfälle und Todesfälle. Die Mikrozephalie kann nicht ursächlich behandelt werden, eine frühe Förderung kann die Entwicklungschancen der Kinder unter Umständen aber verbessern. Die Ursachen der Erkrankung sind vielfältig: Gendefekte, Alkohol- oder Drogenmissbrauch und verschiedene Infektionen während der Schwangerschaft - darunter Röteln, Windpocken, die durch Katzen übertragene Toxoplasmose und womöglich das Zika-Virus.

Wie sicher ist ein Zusammenhang mit dem Zika-Virus?

Wie genau das Virus die Mikrozephalie hervorrufen könnte, ist noch unklar. Auf den Zusammenhang zwischen Zika und kindlichen Fehlbildungen schließen Epidemiologen in erster Linie aus Beobachtungen in Brasilien. Seit Mai 2015 registrieren die Behörden dort gehäufte Zika-Infektionen. Von Oktober bis Januar wurden mehr als 4000 Kinder mit einem Verdacht auf Mikrozephalie geboren. Die Zahl ist auffällig hoch: Zuvor wurden im Schnitt nur 163 Mikrozephalie-Fälle pro Jahr beobachtet. Einen weiteren Hinweis auf den Zusammenhang liefern Proben von Fruchtwasser, Plazenta oder Gewebe von betroffenen Babys, in denen das Zika-Virus nachgewiesen wurde.

Wie wird das Virus übertragen?

Stechmücken der Gattung Aedes übertragen das Virus von infizierten Menschen auf Gesunde. Es sind die gleichen Insekten, die auch das Dengue- und das Chikungunyafieber übertragen. Vereinzelt scheinen Infektionen auch auf Geschlechtsverkehr und Bluttransfusionen zurückzugehen.

Wie äußert sich eine akute Zika-Infektion?

Etwa vier von fünf Infektionen verlaufen ohne Symptome. In den anderen Fällen haben die Betroffenen eher milde Beschwerden. Drei bis zwölf Tage nach dem Mückenstich spüren sie Fieber, Kopf- und Gelenkschmerzen, manchmal auch eine Bindehautentzündung. Charakteristisch ist ein knotig-fleckiger Hautausschlag und Juckreiz. Die Symptome klingen in der Regel nach spätestens einer Woche wieder ab.

Gehen weitere Gefahren von dem Virus aus?

Untersucht wird derzeit, ob das Virus auch das Guillain-Barré-Syndrom auslöst. Die neurologische Erkrankung geht mit Lähmungen einher.

Wie können sich Reisende schützen?

Es gibt bislang keine Schutzimpfung gegen den Zika-Erreger. Empfohlen wird, Mückenstiche zu vermeiden. Körperbedeckende Kleidung, Anti-Mückenmittel und Bettnetze sind die Mittel der Wahl.

Besteht Gefahr für Europa?

Vereinzelt sind auch schon Zika-Erreger nach Europa eingeschleppt worden. Erst vor kurzem brachten zwei Reisende das Virus aus Haiti mit. Insgesamt sind hierzulande seit 2013 zehn importierte Infektionen festgestellt worden. Mit einem größeren Ausbruch ist nur in jenen Regionen zu rechnen, in denen die Überträgermücken heimisch sind. Dazu zählt Südeuropa. Allerdings sind die Mücken im Winterhalbjahr kaum aktiv.

Zika-Virus
:Verzweifelter Krieg gegen die Mücke

In Südamerika kämpfen die Behörden gegen Stechmücken, die das Zika-Virus übertragen. Die Infektionskrankheit löst vermutlich Fehlbildungen bei Neugeborenen aus.

Quellen: WHO, CDC, Centrum für Reisemedizin, Brasilianisches Gesundheitsministerium, ECDC, Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBrasilien und das Zika-Virus
:Ins Herz

Es sind nur Stiche - aber sie verändern das Leben der Menschen für immer. Über die Gelbfiebermücke, das Zika-Virus und ein Land, das sich nicht wirklich zu helfen weiß.

Von Boris Herrmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: