Wiesbaden:Höhepunkt der Corona-Infektionen möglicherweise an Ostern

Lesezeit: 4 min

Kai Klose, Sozialminister von Hessen, spricht auf einer Pressekonferenz. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa/Archivbild)

Das hessische Sozialministerium rechnet für das Osterwochenende mit dem Höhepunkt der Corona-Infektionen. Zum Start in die dritte Woche verschärfter...

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Wiesbaden/Frankfurt (dpa/lhe) - Das hessische Sozialministerium rechnet für das Osterwochenende mit dem Höhepunkt der Corona-Infektionen. Zum Start in die dritte Woche verschärfter Kontaktregeln im Kampf gegen das neuartige Virus stieg die Zahl der bestätigten Infizierten und der Todesfälle allerdings weiter. Der Montag im Überblick:

INFEKTIONSHÖHEPUNKT AN OSTERN ERWARTET

Ausgehend von den Zahlen des Robert Koch-Instituts rechnet Sozialminister Kai Klose (Bündnis 90/Grüne) auch für Hessen in etwa einer Woche mit dem Höhepunkt der Covid-19-Infektionen. Am Montag seien 101 bestätigte Infektionen mehr als am Vortag - und ein damit vergleichsweiser geringer Anstieg auf 4668 - verzeichnet worden. Allerdings seien bereits in den vergangenen Wochen nach dem Wochenende zunächst vergleichsweise niedrige Zahlen von Neuinfektionen gemeldet worden. Insgesamt sehe er Anzeichen dafür, dass die Maßnahmen wie Kontaktverbote und Abstandsregelungen „eine gewisse Wirkung erzielen“, sagte Klose. „Wir sind aber noch nicht in einem Bereich, der uns beruhigen könnte.“ Die Zahl der Toten, die mit dem Coronavirus infiziert waren, stieg Stand Montag 14.00 Uhr um fünf auf 64.

KONJUNKTUREINBRUCH BEFÜRCHTET

Wegen der Corona-Krise könnte die Konjunktur nach Einschätzung des hessischen Wirtschaftsministers Tarek Al-Wazir deutlich stärker einbrechen als bislang gedacht. „Wovor ich Sorgen habe ist, dass die Tiefe des Einschnitts, den wir gerade erleben, noch nicht verstanden wurde“, sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden. Nach seiner Einschätzung könnte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um bis zu zehn Prozent einbrechen.

FREIE BETTEN

Für schwer an Covid-19 erkrankte Patienten gibt es Sozialminister Klose zufolge Stand Montagvormittag in Hessen 755 freie Betten mit Beatmungsmöglichkeiten. Derzeit würden in hessischen Krankenhäusern etwa zehn französische Patienten behandelt. Eine Hilfsanfrage aus Italien gebe es nicht mehr, nachdem im Land selbst neue Kapazitäten gefunden worden waren. Bislang seien in Hessen zwei Millionen Mund-Nase-Masken etwa an Kliniken oder Einrichtungen der Altenpflege verteilt worden, sagte Klose. „Alles, was wir kriegen, geben wir so schnell wie möglich weiter.“

CORONA-KRISE IN DER WIRTSCHAFT

Auch der Immobilienfinanzierer Aareal Bank folgt erwartungsgemäß der EZB-Aufforderung und zahlt wegen der Corona-Pandemie vorerst keine Dividende. Der Hauptversammlung am 27. Mai werde vorgeschlagen, den Bilanzgewinn des Geschäftsjahres 2019 zunächst nicht zur Ausschüttung einer Dividende zu verwenden, teilte die im MDax notierte Bank am Sonntagabend in Wiesbaden mit. „Der Vorstand behält sich vor, einer eventuellen weiteren, späteren Hauptversammlung einen neuen Gewinnverwendungsvorschlag zu unterbreiten, wenn die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie sicherer bewertet werden können und die Marktsituation dies zulässt.“ Entgegen früherer Ankündigungen ist das Schutzschirmverfahren beim Ferienflieger Condor noch nicht abgeschlossen. Beim Frankfurter Amtsgericht haben nach Angaben eines Sprechers vom Montag mehrere Gläubiger Rechtsmittel gegen den bereits vom Gericht befürworteten Plan eingelegt.

ENTGEGENKOMMEN FÜR MEDIZINPRÜFLINGE

Studierenden in Gesundheitsberufen, die wegen der Corona-Krise derzeit ihre Prüfungen nicht wie geplant absolvieren, soll entgegengekommen werden. Das Fehlen bei einer der staatlichen Prüfungen wegen der Covid-19-Pandemie „aus psychischen und physischen Gründen“ werde als „nicht unternommen“ gewertet, teilte das Hessische Landesprüfungs- und Untersuchungsamt im Gesundheitswesen (HLPUG) auf seiner Internetseite mit. Dies gilt für akademische Gesundheitsberufe und Prüfungstermine im Frühjahr 2020. „Ein Attest ist nicht erforderlich.“

BETREUUNG AUCH IN FERIEN

An Hessens Schulen gibt es auch in den derzeit laufenden Osterferien eine Notbetreuung für Kinder berufstätiger Eltern aus bestimmten Berufsgruppen. Dazu zählen etwa Ärzte, Richter oder Polizisten. Seit 23. März dürfen Menschen nur noch allein oder zu zweit draußen unterwegs sein. Ausnahmen gibt es für Familien und häusliche Gemeinschaften. Die Verordnung soll zunächst bis 19. April gelten

SAUBERE LUFT

Experten hatten es bereits vermutet - nun ist es amtlich: Mit dem massiven Rückgang des Auto- und Flugverkehrs in der Corona-Krise hat sich die Luftqualität in Hessen verbessert. Derzeit würden an allen Luftmessstationen im Land deutlich niedrigere Werte des schädlichen Stickstoffdioxids (NO2) als noch in der ersten Märzhälfte beobachtet, teilte das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) in Wiesbaden mit. Die Stadt Frankfurt berichtete etwa von der stark gesunkenen Stickoxidbelastung an der Friedberger Landstraße im Nordend im ersten Quartal 2020. Erstmals lag der NO2-Wert im Durchschnitt eines Quartals dort demnach unter dem Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. An mehreren Tagen sei die NO2-Belastung in frühen Morgenstunden so niedrig wie sonst nur in Reinluftgebieten gewesen. „Nordend wird (stundenweise) zu Norderney“, schrieb die Stadt in einer Mitteilung. Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) rechnet nun damit, dass das Thema Fahrverbote zumindest für die Friedberger Landstraße vom Tisch ist.

REGELVERSTÖßE

In den drei Tagen seit Einführung eines hessenweit einheitlichen Bußgeldkatalogs hat sich die überwiegende Zahl der Bürger an die Corona-Regeln gehalten. Das geht aus einer Bilanz des Innenministeriums vom Montag hervor. Von Freitag (3. April) bis Sonntagmittag (5. April) habe die hessische Polizei 315 Personengruppen registriert, die sich nicht an das Kontaktverbot gehalten hätten. Im gleichen Zeitraum wurden 22 Verstöße gegen die Schließungen von zum Beispiel Restaurants, Bars, Sport- oder Freizeiteinrichtungen festgestellt. „Die Betroffenen müssen nun mit Bußgeldern rechnen“, teilte das Ministerium in Wiesbaden mit. Ein 20-Jähriger zog nach Angaben der Polizei vom Montag bei Kontrollen zur Eindämmung des Coronavirus eine Schreckschusswaffe und bedrohte am Freitag eine Frau. Er wurde in Dautphetal (Kreis Marburg-Biedenkopf) festgenommen.

KIRCHE IN KRISENZEITEN

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) will allen evangelischen Haushalten im Kirchengebiet zu Ostern einen „Hoffnungsbrief“ schicken. Insgesamt sollen von diesem Mittwoch an rund eine Million der himmelblauen Schreiben versendet werden, wie die EKHN am Montag in Darmstadt mitteilte. Mit der Aktion „Gottkontakt“ will die Kirche angesichts der Corona-Krise auf die „tröstende Kraftquelle“ des Gebets hinweisen.

VIRUSTEST

In Hessen werden nach Schätzungen des Gesundheitsministeriums rund 4000 Tests auf das Coronavirus pro Tag durchgeführt. Auf diese Zahl komme man, wenn man davon ausgehe, dass im Durchschnitt 200 neue Infektionen pro Tag nachgewiesen werden und zugrunde lege, dass zwischen drei und zehn Prozent der Testergebnisse positiv seien. Tests werden in Hessen laut Ministerium in der Virologie der Universität Marburg, der Virologie der Universitätsklinik Frankfurt sowie im Landesprüfungs- und Untersuchungsamt im Gesundheitswesen vorgenommen. Außerdem testen private Anbieter - auch in Laboren außerhalb des Bundeslandes - für Praxen und Abstrichstellen in Hessen. „Ein Gesamtüberblick über die Fallzahl der Tests pro Tag liegt uns daher nicht vor.“

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: