Schleswig:Corona-Fälle in Schlachthof: Infizierten-Zahl steigt weiter

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Das geschlossene Hauptgebäude des Schlachthofes in Bad Bramstedt. (Foto: Gregor Fischer/dpa)

Die Zahl der bestätigten Corona-Fälle auf einem Schlachthof in Bad Bramstedt (Kreis Segeberg) und einer Mitarbeiter-Sammelunterkunft in Kellinghusen (Kreis...

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Berlin/Itzehoe/Kiel (dpa/lno) - Die Zahl der bestätigten Corona-Fälle auf einem Schlachthof in Bad Bramstedt (Kreis Segeberg) und einer Mitarbeiter-Sammelunterkunft in Kellinghusen (Kreis Steinburg) ist weiter gestiegen. Es seien neun Fälle hinzugekommen, wobei es sich in zwei Fällen um Kontaktpersonen bereits bekannter Covid-19-Infizierter handele, teilte der Kreis Segeberg am Sonntag mit. Zuletzt hatten die Kreisverwaltungen Segeberg und Steinburg insgesamt 109 positiv getestete Mitarbeiter gemeldet. Der Schlachthof hat seine Produktion bereits eingestellt, die Unterkunft steht unter Quarantäne.

Wegen der vielen Corona-Fälle in der Gemeinschaftsunterkunft bleibt der Kreis Steinburg über der von der Politik definierten Obergrenze von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) gab es Stand Sonntag (0 Uhr) im Kreis 166 Fälle. Umgerechnet auf die vergangenen sieben Tage seien dies 62,4 Fälle pro 100 000 Einwohner. Bundesweit haben neben dem Kreis Steinburg die Kreise Greiz in Thüringen und Coesfeld in Nordrhein-Westfalen überhöhte Werte gemeldet. Coesfeld ist ebenfalls von einem inzwischen geschlossenen Schlachtbetrieb mit vielen positiv getesteten Mitarbeitern betroffen.

Die Landesregierung in Kiel hatte wegen der vielen Covid-19-Fälle bereits am Freitagabend verfügt, dass nun die Belegschaften aller großen Schlachthöfe im Land getestet werden müssen. Sollten Beschäftigte in Werkswohnungen oder ähnlichen privaten Gemeinschaftsunterkünften leben und dort weitere nicht im Schlachthof angestellte Personen wohnen, seien diese ebenfalls zu testen, teilte das Gesundheitsministerium mit. Zudem seien weitergehende Tests für Erntehelfer in Vorbereitung. Laut Landwirtschaftsministerium gibt es in Schleswig-Holstein derzeit etwa 50 Schlachtbetriebe.

Gewerkschaften kritisierten unterdessen langjährige Missstände auf Schlachthöfen und verlangten ein Ende des hohen Preisdrucks in der Fleischproduktion. „In Schlachthöfen muss deutlich mehr unternommen werden, um die Risiken für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu reduzieren“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. Die Branche falle seit Jahren mit miserablen Arbeitsbedingungen auf. NGG-Vize Freddy Adjan sagte: „Diese Krise macht deutlich, wie überfällig es ist, auf Stopp zu drücken und den ruinösen Preiskampf beim Fleisch zu beenden.“

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ermahnte die Länder, Schutzvorgaben wegen der Corona-Epidemie besonders auch in Sammelunterkünften und bei Fahrten streng zu kontrollieren. Er verwies in einem Schreiben an die Arbeitsminister der Länder auf zunehmende Berichte über „unhaltbare Zustände beim betrieblichen Infektionsschutz“ besonders bei Saisonkräften in der Landwirtschaft, aber etwa auch in der fleischverarbeitenden Industrie. Demnach haben sich schon Herkunftsländer von Beschäftigten bei der Bundesregierung gemeldet. Sie behielten sich auch Maßnahmen wie Ausreisestopps vor.

„Die Arbeits- und Wohnbedingungen, die große Fleischkonzerne diktieren, sind schon lange ausbeuterisch und müssen endlich mit staatlicher Gewalt konsequent unterbunden werden“, twitterte Schleswig-Holsteins SPD-Fraktionschef Ralf Stegner. Er warnte: „Katastrophale Zustände in großen Schlachthöfen verstärken Coronagefahren.“

Der schleswig-holsteinische Landesverband der Grünen Jugend forderte erneuert ein Wohnraumschutzgesetz auf Landesebene. „Denn neben der Schlachthofbranche gibt es in Schleswig-Holstein viele weitere Branchen, in denen Arbeitnehmer*innen (...) in katastrophalen Wohnunterkünften untergebracht werden“, sagte Sprecherin Nele Johannsen. Und Sprecher Jasper Balke betonte: „Die Behörden müssen auch nach Corona ausreichend Möglichkeiten erhalten, die Wohnverhältnisse vor allem in betrieblich zur Verfügung gestellten Wohnräumen zu überprüfen und zu schützen.“

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