Kiel:Erste Impfdosen in Schleswig-Holstein eingetroffen

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Der Biontech-Impfstoff wird in einem Impfzentrum gezeigt. (Foto: Matthias Bein/dpa-Zentralbild/dpa)

Die erste Lieferung von Impfdosen gegen das Coronavirus ist am Samstag in Schleswig-Holstein eingetroffen. Das teilte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP)...

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Kiel (dpa/lno) - Die erste Lieferung von Impfdosen gegen das Coronavirus ist am Samstag in Schleswig-Holstein eingetroffen. Das teilte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) anlässlich der Übergabe der ersten Impfdosen im Zentrallager in Schleswig-Holstein mit. „Ich bin froh, dass die ersten Impfdosen nun in Schleswig-Holstein sind und wir mit dem Impfen beginnen können. Damit beginnt der wichtigste Teil der Bekämpfung der Pandemie. Auch wenn wir noch Monate vor uns haben, die uns weiterhin viel abverlangen werden, gibt die Aussicht und Chance auf mehr Normalität Hoffnung und Zuversicht. Dass es gelungen ist, den Impfstoff bereits heute zu erhalten, damit konnte vor wenigen Wochen noch keiner rechnen“, sagte Garg laut Mitteilung.

Garg besuchte das geheimgehaltene Lager für den Impfstoff und nahm die erste Lieferung gemeinsam mit dem Landesbeauftragten des Technischen Hilfswerks (THW) in Schleswig-Holstein Dierk Hansen in Empfang. Das THW ist für die Logistik innerhalb Schleswig-Holsteins verantwortlich. Im Zentrallager wird der Impfstoff tiefgekühlt gelagert und anschließend an die mobilen Impfteams und ab voraussichtlich dem 4. Januar an die Impfzentren im Land verteilt werden. Damit kann am Sonntag wie geplant mit den ersten Impfungen begonnen werden.

Garg hatte vor Weihnachten angekündigt, dass die Impfungen am 27. Dezember zunächst in Pflegeeinrichtungen starten. „Bereits Morgen werden mobile Impfteams mit dem Impfen beginnen. Wir wollen jeden Tag nutzen, um gerade die besonders gefährdeten Gruppen in den Pflegeeinrichtungen wirksam gegen eine Covid-19-Infektion zu schützen“, sagte Garg am Samstag. Bis zu zehn mobile Impfteams sollen demnach vorrangig in gerontopsychiatrischen Einrichtungen in Regionen mit hohen Corona-Zahlen die Bewohner impfen, „die dies wünschen“. Bis Anfang Januar werde die Zahl der mobilen Teams sukzessive auf bis zu 15 Teams hochgefahren.

Im Dezember werden laut Gesundheitsministerium rund 48 000 Impfdosen Schleswig-Holstein erreichen. Nach den ersten rund 10 000 Impfdosen sind weitere Lieferungen für den 28. Dezember (rund 14 000 Impfdosen) sowie für den 30. Dezember (24 000 Impfdosen) angekündigt.

Geliefert wird der Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech und seines amerikanischen Partners Pfizer. Von Ende Dezember an stehen Schleswig-Holstein laut Biontech gemäß Bevölkerungsanteil dann wöchentlich 24 375 Impfdosen zu.

Der Corona-Impfstart am Sonntag wird nach Einschätzung des Kieler Infektionsmediziners Helmut Fickenscher die Epidemie vorerst aber nicht beeinflussen. „Dies liegt daran, dass wir einfach viel zu viele Leute zu impfen haben und noch längere Zeit nicht genügend Impfstoff zu Verfügung haben werden“, sagte Fickenscher der Deutschen Presse-Agentur. Er ist Direktor des Instituts für Infektionsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) und Präsident der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten.

Ob das Eindämmen des Coronavirus im Jahr 2021 gelingen wird, hängt laut Fickenscher von mehreren Faktoren ab. Ein Faktor sei das Impfen. Unklar sei, wann Impfstoffe im ausreichenden Maßstab vorhanden sein werden. Schleswig-Holstein will über die Impfzentren rund 300 000 Impfungen pro Monat schaffen. Spätestens nach sechs Monaten sollen die Hausarztpraxen die Aufgabe übernehmen.

„Je mehr Impfstoffe auf den Markt kommen und zugelassen werden, desto mehr Chancen gibt es für eine schnellere und breitere Anwendung“, sagte der Experte. Der jetzt zugelassene erste Impfstoff von Biontech/Pfizer sei wegen der Lagerung bei minus 70 Grad für die Anwendung in Arztpraxen kaum geeignet.

Eine glückliche Corona-Entwicklung 2021 hängt laut Fickenscher davon ab, ob die weitgehende Durchimpfung der Bevölkerung - seien es nun 60 oder 80 Prozent - in dieser Größenordnung gelingt. „Der kritische Punkt ist, dass diese Durchimpfung vor dem kommenden Winter abgeschlossen ist, bis in den Bereich Oktober. Dann hätten wir gute Chancen, dass die Pandemie uns im kommenden Winter 2021/22 im Großen und Ganzen in Ruhe lässt. Das wäre das ganz wesentliche Ziel. Ob es realistisch ist, bleibt derzeit noch offen. Das kann man noch nicht richtig beurteilen.“

Vor Ostern rechnet Fickenscher, der auch die Landesregierung berät, nicht mit deutlichen Lockerungen der Corona-Auflagen. „Vielleicht können einige Branchen vorher schon wieder öffnen.“ Aber eine relevante Lockerung im Alltag erwarte er erst, wenn es deutlich wärmer wird. „Daher wünsche ich mir zu Weihnachten, dass der Frühling warm und frühzeitig beginnt.“

In Schleswig-Holstein sind unterdessen bis zum Ende des ersten Weihnachtsfeiertages 229 Corona-Neuinfektionen gemeldet worden. Die Zahl der Menschen mit einer Infektion, die gestorben sind, stieg um 4 auf 359, wie das Gesundheitsministerium am Freitagabend im Internet mitteilte. Die Zahl der Corona-Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche sank demnach auf landesweit 92,6. Wegen der Weihnachtsfeiertage ist es aber möglich, dass weniger Fälle gemeldet werden, als es tatsächlich gibt. Das Robert Koch-Institut wies darauf hin, dass an Weihnachten weniger Menschen einen Arzt aufsuchen würden, wodurch weniger Tests durchgeführt werden.

In den Krankenhäusern Schleswig-Holsteins werden 262 Covid-19-Patienten behandelt, 50 auf Intensivstationen. 21 müssen beatmet werden. Die Zahl der Genesenen wird auf insgesamt 16 700 geschätzt.

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