Erfurt:Nach Ramelow-Aufruf Streit um Lockdown für Wirtschaft

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Bodo Ramelow (Linke) nimmt seinen Mund-Nasen-Schutz ab. (Foto: Michael Reichel/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild)

Mit seiner Forderung nach einem harten Lockdown für deutlich mehr Wirtschaftsbereiche als bislang hat Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) unter Thüringens...

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Erfurt (dpa/th) - Mit seiner Forderung nach einem harten Lockdown für deutlich mehr Wirtschaftsbereiche als bislang hat Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) unter Thüringens Politikern eine Debatte ausgelöst. „Wir lehnen einen Total-Lockdown der Wirtschaft ab! Viele Branchen sind schon jetzt gebeutelt. Wirtschaftlich und gesellschaftlich wird Thüringen das nicht durchhalten“, schrieb CDU-Fraktionschef Mario Voigt am Freitag bei Twitter. Die Landesregierung solle sich besser darum kümmern, zügig zu impfen und nicht jeden Tag neue Forderungen aufstellen.

Heftiges Kopfschütteln gab es auch bei der oppositionellen FDP. „Diese Forderung geht vollkommen an den Realitäten vorbei“, teilte der Fraktionsvorsitzende Thomas Kemmerich mit. Die Handlungsfähigkeit der Wirtschaft müsse im Interesse der Zukunftsfähigkeit so weit wie möglich erhalten bleiben.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Landtag, Madeleine Henfling, begrüßte dagegen Ramelows Vorschlag. „Ich halte den harten Lockdown auch für nötig. Das heißt alles runterfahren, was nicht gebraucht wird und davon müssen die anderen Ministerpräsident*innen überzeugt werden“, schrieb sie bei Twitter. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich, teilte am Freitag mit, dass Abstandsgebote nicht nur für den privaten Bereich, sondern verbindlich auch für die Wirtschaft gelten müssten. „Das heißt beispielsweise: Büros schließen und grundsätzliche auf Homeoffice setzen.“

Auch die Landtagsabgeordnete der Linken, Katharina König-Preuss, hielt bei dem Kurznachrichtendienst fest, dass ein verschärfter Lockdown sinnvoll sei: „Für ein paar Wochen alles, was nicht zur Pandemie-Bekämpfung oder zur Grundversorgung notwendig ist, zumachen.“

Aus der Wirtschaft kam Ablehnung für die Überlegungen des Regierungschefs. Die Balance zwischen Erfordernissen des Gesundheitsschutzes und der gesellschaftlichen Leidensfähigkeit würde durch einen kompletten Lockdown „aus den Angeln gehoben“, sagte Peter Traut, Präsident der Industrie- und Handelskammer Südthüringen. „Hier geht es um Existenzen, zu bezahlende Mitarbeiter, aber auch um Steuergelder, die den Wohlstand der gesamten Gesellschaft sichern“, kommentierte der Präsident der IHK zu Erfurt, Dieter Bauhaus.

Zuvor hatte Regierungschef Ramelow in Interviews mit dem MDR und der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) dargelegt, dass er es für nötig halte, die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie bundesländerübergreifend weiter zu verschärfen. „Wir müssen jetzt einfach einmal komplett eine Pause machen - so schnell es irgendwie geht“, sagte er bei MDR Aktuell am Freitagmorgen. Die allgemeine Wirtschaft müsse insgesamt angehalten werden. Das könne Thüringen aber nicht alleine stemmen, etwa wegen Wechselbeziehungen zu Nachbarbundesländern.

Der FAZ sagte Ramelow, dass er sich ärgere, nicht bereit gewesen zu sein, den Dezember mit seinen vielen Feiertagen für eine bundesweit Generalpause zu nutzen. „Alles, was nicht lebensnotwendig ist oder systemisch nicht abgestellt werden kann, hätte vier Wochen lang angehalten werden müssen.“

Der Linken-Politiker kritisierte auch die Ungleichheit der bisherigen Maßnahmen, für die ausschließlich Gastronomen, Hoteliers, Künstler und Solo-Selbstständige, Schausteller und Kinder zur Pandemieabwehr in Verantwortung genommen würden, während die gesamte weitere Wirtschaft aber so tue, als wäre nichts. Nach Sachsen gehört Thüringen aktuell zu den Bundesländern, die besonders schwer von der Pandemie betroffen sind.

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