Gesundheit - Erfurt:Ernste Corona-Situation: Mehr als 1000 neue Fälle

Corona
Ein Patient lässt vor einer Arztpraxis einen Abstrich machen. Foto: Kay Nietfeld/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Erfurt/Hildburghausen (dpa/th) - Die Corona-Situation in Thüringen hat sich weiter zugespitzt. Nach Sachsen ist Thüringen derzeit das Bundesland mit dem höchsten Sieben-Tages-Wert bei Neuinfektionen - vor bevölkerungsreichen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, Bayern und Stadtstaaten wie Berlin. In den vergangenen sieben Tagen infizierten sich nach Zahlen des Berliner Robert Koch-Instituts (RKI) vom Freitag 3412 Menschen neu mit dem Sars-CoV2-Virus. Das entspricht knapp 160 Fällen je 100 000 Einwohner in diesem Zeitraum. Sachsen liegt bei 276 Fällen bezogen auf 100 000 Einwohner.

Erstmals seit Beginn der Pandemie wurden am Freitag in Thüringen mehr als 1000 Neuinfektionen mit dem Sars-CoV2-Virus gemessen. Von Donnerstag zu Freitag wurden 1035 neue Fälle gezählt, wie das Gesundheitsministerium unter Berufung auf RKI-Zahlen mitteilte. Die Zahl der Gestorbenen, die mit dem Virus infiziert waren, erhöhte sich seit Donnerstag um elf auf jetzt 405. Auf Intensivstationen von Krankenhäusern wegen Covid-19 behandelt wurden 89 Menschen. 38 von ihnen sind so schwer erkrankt, dass die künstlich beatmet werden müssen.

Es sei "besorgniserregend, dass die Zahlen trotz Beschränkungen weiter steigen", sagte Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) nach einer Videokonferenz mit dem wissenschaftlichen Beirat, der die Landesregierung in der Pandemie berät. Zwar hielten sich viele Menschen an die Regeln zur Eindämmung der Pandemie. Offensichtlich sei aber, dass sie auch im privaten Umfeld konsequent beherzigt werden müssten. Die CDU-Landtagsfraktion hatte zuvor das Krisenmanagement der Landesregierung kritisiert. Dieses wirke offensichtlich nicht, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Andreas Bühl am Freitag.

Derweil endeten im Landkreis Hildburghausen die großangelegten Antigen-Schnelltests für Kinder und Personal von Schulen und Kindergärten. Nach Angaben des Landratsamtes haben sich 2418 der dazu berechtigten etwa 9000 Kinder, Lehrer und Erzieher an den freiwilligen Tests beteiligt. Bei 15 von ihnen wurde bei den Antigen-Tests eine Corona-Infektion festgestellt, in 14 Fällen wurden sie durch einen zusätzlichen PCR-Test bestätigt. In einem Fall steht das Ergebnis des zusätzlichen Tests noch aus.

Für Landrat Thomas Müller (CDU) ist es angesichts der Ergebnisse ersichtlich, "dass bei einer so dominanten Infektionsrate wie im Landkreis Hildburghausen Schulen und Kitas ebenso ihren Beitrag zum hohen Infektionsgeschehen haben", wie es in einer Mitteilung des Landratsamtes hieß. Werner wollte diese Einschätzung zunächst noch nicht teilen. Das Ministerium werde die Testergebnisse genau auswerten, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Das Land hatte für die Aktion 11 000 Antigen-Tests beschafft.

In dem Kreis an der Grenze zu Bayern waren die Kindergärten und Schulen am 25. November geschlossen worden, es gilt ein Lockdown mit strengen Kontaktbeschränkungen und einem Versammlungsverbot. Er war tagelang die Region in Deutschland mit der höchsten Inzidenz mit bis zu 630 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern in sieben Tagen. Am Freitag lag der Wert bei gut 414. Damit liegt der Kreis immer noch im bundesweiten Spitzenfeld.

Im Saale-Orla-Kreis ist die Situation nach Einschätzung des dortigen Landratsamtes dabei zu entgleiten. Der Leiter des Gesundheitsamtes, Torsten Bossert, bezeichnete die zweite Pandemie-Welle am Freitag als "Tsunami". Die medizinische Versorgung in der Region könne nur noch vielerorts mit großer Mühe aufrechterhalten werden. Der Landkreis im Südosten Thüringens hatte am Freitag einen Sieben-Tages-Wert von rund 312 Corona-Neuinfektionen je 100 000 Einwohnern erreicht. Das ist der dritthöchste Wert in Thüringen. Die Kreisverwaltung bereitet verschärfte Einschränkungen vor.

Nach Einschätzung des CDU-Politikers Bühl hat sich in Thüringen eine mehrdimensionale Problemlage entwickelt. Einerseits habe etwa das Bildungsministerium beim Umgang mit dem Corona-Stufenkonzept für Schulen zögerlich und unklar gehandelt oder sei die neue Corona-Verordnung "miserabel" vermittelt worden. "Und auf der anderen Seite bringt ein nicht zu vernachlässigender Teil der Bevölkerung kein Verständnis für die Notwendigkeit der Schutzmaßnahmen auf", konstatierte Bühl.

Seit Pandemiebeginn haben sich 19 462 Menschen im Freistaat mit dem Coronavirus infiziert, 13 490 gelten als genesen.

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