Düsseldorf:Laschet sucht Weg aus der Krise nach gemeinsamen Maßstäben

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Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, spricht auf einer Pressekonferenz. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

Mit Spannung erwarten die Bürger in Nordrhein-Westfalen, wie es nach der Osterpause mit den Einschränkungen in der Corona-Krise konkret weitergeht....

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Düsseldorf (dpa/lnw) - Mit Spannung erwarten die Bürger in Nordrhein-Westfalen, wie es nach der Osterpause mit den Einschränkungen in der Corona-Krise konkret weitergeht. Ministerpräsident Armin Laschet rechnet mit entscheidenden Weichenstellungen nach einem Gespräch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) mit den Länderchefs an diesem Mittwoch.

Mehr Klarheit über die Absichten der Landesregierung gab es am Dienstag bereits für Millionen betroffener Bürger bezüglich Kita und Schule: Die Schulen in NRW sollen nach den Osterferien schrittweise wieder öffnen. Eine Woche später könnten die ersten Kita-Kinder folgen und wieder in die Betreuung kommen dürfen. Das sagten die Minister für Schule und für Familie, Yvonne Gebauer und Joachim Stamp (beide FDP) der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf.

Es sei ihr „festes Ziel“, die Schulen nach der aktuellen Ferienwoche wieder zu öffnen, um vor allem die Durchführung von Prüfungen und die Vergabe von Abschlüssen zu ermöglichen, erklärte Gebauer. Zahlreiche Verbände, Gewerkschaften, Expertengremien und Parteien hatten sich in den vergangenen Tagen für unterschiedliche Modelle ausgesprochen, schrittweise unter Einhaltung strikter Hygiene-Voraussetzungen zum Unterricht an den Schulen zurückzukehren. Einige plädierten dafür, mit den älteren Schülern zu beginnen, andere für die jüngeren, da die älteren besser zu Hause mit digitalen Medien lernen könnten.

Bei den Kitas sollen zunächst die Kinder, die kurz vor der Einschulung stehen, wieder betreut werden. In der kommenden Woche werde die Notfallbetreuung noch fortgesetzt, kündigte Stamp an. „Danach schlage ich vor, den letzten Jahrgang vor der Einschulung wieder zuzulassen.“ Mit einer „überschaubaren Anzahl“ von Kindern könnten dann Hygienemaßnahmen spielerisch eingeübt werden, bevor auch die Jüngeren „in mehreren Schritten“ wieder integriert werden könnten. „Ein dauerhafter Verzicht auf frühkindliche Bildung und Betreuung wäre gesellschaftlich unverantwortlich.“

Ministerpräsident Laschet skizzierte die mögliche Marschrichtung für eine bundesweite Einigung: kein Datum, an dem alle Kitas, Schulen und Geschäfte in Deutschland gleichzeitig wieder öffnen, sondern einheitliche, für die Bürger nachvollziehbare Maßstäbe für einen „Fahrplan in eine verantwortungsvolle Normalität“. Dabei wolle er in der Schaltkonferenz für „Flexibilität in grundsätzlicher Übereinstimmung“ plädieren, kündigte Laschet an. „Keine Alleingänge irgendeines Landes.“

Da die Länder etwa unterschiedliche Abitur- und Ferientermine hätten, müsse es auch daran angepasste Lösungen geben. Am Donnerstag werde das Landeskabinett die Rechtsgrundlagen für den Weg der Schulen in NRW beschließen, sagte Laschet.

Gewerkschaften, Schul- und Elternverbände mahnten in einer gemeinsamen Erklärung: „Die Schulen können sicher nicht am 20. April wieder öffnen.“ Die Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Anja Weber, forderte: „Wer die Öffnung der Schulen befürwortet, muss für entsprechende Rahmenbedingungen sorgen.“

Der Vorsitzende der Landeselternschaft der integrierten Schulen, Ralf Radke, unterstrich, das Mindeste seien ausreichend viele Waschbecken, Seife, Einmalhandtücher, Desinfektionsmittel und Toiletten mit hygienischer Ausstattung. Mindestens eine tägliche Reinigung unter Infektionsschutzstandards sowie Schutzmasken für Kinder und Beschäftigte seien ebenfalls unerlässlich.

Der Vorsitzende der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule, Behrend Heeren, ergänzte, die Schulen benötigten mindestens eine volle Woche Vorbereitungszeit. Die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Maike Finnern, unterstrich darüber hinaus: „Im Schuljahr 2019/20 kann es keine Prüfungen an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen mehr geben.“

Laschet bekräftigte: „Wir müssen bei dem, was wir tun, Maß und Mitte wahren.“ Klar sei, dass das Virus weiter eingedämmt werden müsse. Es werde jetzt nur „differenzierter, flexibler bekämpft - mit zielgerichteten Maßnahmen und nicht mit dem totalen Lock-Down (zu deutsch etwa: Abriegelung), den wir die letzten Wochen erlebt haben und der auch viele Nebenschäden verursacht hat, die wir für die Zukunft vermeiden wollen“. Laschet hatte in den vergangenen Tagen wiederholt auf Kindeswohlgefährdungen hingewiesen, wenn Minderjährige nicht mehr im Blickfeld von Kitas und Schulen seien.

Grundlage für eine Exit-Strategie seien das Gutachten der Bonner Virologen zur Situation in Heinsberg, die Empfehlungen des interdisziplinär besetzten NRW-Expertenrats sowie die Empfehlungen der Leopoldina, sagte Laschet. Die nationale Wissenschaftsakademie habe wichtige Leitplanken sowie nachvollziehbare Prioritäten für eine schrittweise Öffnung des öffentlichen Lebens benannt.

In einer Sondersitzung des NRW-Landtags rückte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) einen besonders gefährdeten Personenkreis in den Mittelpunkt: 82 Prozent der bislang in NRW Gestorbenen seien über 70 Jahre alt gewesen, berichtete er. In den kommenden Tagen müsse es vor allem darum gehen, wie diese Gruppe wirksamer geschützt werden könne und wie sich Pflege-Einrichtungen besser wappnen könnten. Schutzmaterial müsse dort verstärkt eingesetzt werden. An diesem Mittwoch will Laumann sich darüber mit Betreibern von Altenheimen austauschen.

Bislang seien in NRW bereits 151 stationäre Pflegeeinrichtungen vom Coronavirus betroffen, sagte Laumann. Gut 1000 Bewohner seien infiziert und 1400 Mitarbeiter in Quarantäne. Auch aus den ambulanten Pflegediensten seien bereits 112 infizierte Patienten bekannt geworden.

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