Dresden:Glückswissenschaftler: Den Blick für das Positive schärfen

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Glücksforscherin Rudolph mit dem Foto ihrer Kollegin Horn. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa)

Angst und Verunsicherung - das sind in der Corona-Krise nach Expertenmeinung die bestimmenden Gefühle vieler Menschen. "Es geht nicht in dieser Normalität...

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Dresden (dpa/sn) - Angst und Verunsicherung - das sind in der Corona-Krise nach Expertenmeinung die bestimmenden Gefühle vieler Menschen. „Es geht nicht in dieser Normalität weiter, die jeder kennt. Das ist für viele eine ganz neue Erfahrung“, sagt die Dresdner Psychologin Andrea Horn, die sich mit Saskia Rudolph in dem Unternehmen „Spiegelneuronen“ der Glückswissenschaft widmet. Diese neue Krisenerfahrung sei oftmals verbunden mit einer „Erschütterung“ der Grundannahme, dass immer alles seinen Weg gehe.

Die Verunsicherung äußert sich nach Einschätzung der Expertinnen ganz unterschiedlich: Manche stürzten sich in Arbeit, andere verharrten in Angst und Verunsicherung. „Corona betrifft uns alle, aber es betrifft uns alle unterschiedlich.“

Die beiden Psychologinnen raten, nicht ständig den „Teufel an die Wand“ zu malen und möglichst nicht immer weit vorauszudenken - stattdessen sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. „Was kann ich heute tun, was ist heute meine Aufgabe?!“, so umschreibt es Horn.

Ihre Kollegin empfiehlt, regelmäßig Abstand zu gewinnen von dem Gedankenkarussell und sich vor der „enormen Informationsflut“ zu schützen. Es könne helfen, den Blick für das Positive, für die kleinen Dinge zu schärfen: „Ich habe ein Zuhause, mein Kühlschrank ist voll, ich bin gesund“, sagt Rudolph. „Wenn manche vom schlimmsten Weihnachten seit dem Zweiten Weltkrieg sprechen, muss man da die Relation auch wieder herstellen.“

Die beiden Frauen bieten Workshops und Coachings an - und beraten etwa auch besonders belastete Gesundheitsunternehmen zu der Frage, wie die Mitarbeiter auch in schwierigen Zeiten motiviert bleiben können. Positive Psychologie heiße nicht, alles „unverbesserlich optimistisch“ zu sehen, sagen sie. Vielmehr gehe es darum, Dinge in den Blick zu nehmen, die stark machten. „Und sich selbst nicht unter Druck zu setzen“, sagt Rudolph. Das Gehirn müsse in diesem Jahr mit einer Ausnahmesituation zurechtkommen. „Es ist völlig normal, wenn ich im Lockdown, im Homeoffice und mit Kinderbetreuung nebenher völlig fertig bin.“

Eine solche Krise, sagt Andrea Horn, könne auch eine Chance sein. „Sie zwingt uns dazu, ein Stück innezuhalten und zu schauen, was wirklich wichtig ist.“ Kein Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt, kein Treffen im großen Freundeskreis, keine Konzerte: „Ich kann nicht mein Programm wie sonst abspulen. Wir sind mehr als sonst auf uns selbst geworfen.“ Diese „Rückbesinnung“ könne auf der anderen Seite helfen, Prioritäten zu überdenken oder Dinge zu verändern. Geht es wirklich um das Treffen auf dem Weihnachtsmarkt oder eigentlich eher um den Kontakt mit lieben Menschen. „Das kann man dann vielleicht auch virtuell organisieren“, so Horn.

Auch im Arbeitsumfeld könne die Corona-Krise Dinge zum positiven verändern. „Viele berichten davon, dass die Krise sie ein Stück näher gebracht hat“, berichtet Saskia Rudolph. Allein schon das Arbeiten im Homeoffice und dass man virtuell das Wohnzimmer des anderen sehe, könne etwa dabei helfen, Hierarchien abzubauen. „Krisen bringen ja Menschen zusammen.“ Sie hoffe zudem, dass Corona etwa dazu führe, dass Themen wie etwa Personalmangel in Heimen und Kliniken mehr politisch und gesellschaftlich mehr Aufmerksamkeit bekommen.

Die beiden beraten nicht nur Unternehmen. Über Instagram und Co. geben die beiden Glückswissenschaftlerinnen Tipps, wie man besser durch die Krise kommt - etwa mit einer kleinen Aufgabe für jeden Tag. Fünf Minuten lang in den Himmel zu schauen gehörten dazu, sich Lieder aus der Jugend anzuhören oder oder jemanden Unbekanntes anzulächeln.

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