Covid-Impfung:Astrazeneca muss Daten zu seinem Covid-Impfstoff herausgeben

Lesezeit: 2 min

Eine Krankenschwester hält mehrere Fläschchen mit dem Covid-Impfstoff von Astrazeneca bereit. (Foto: Manu Fernandez/AP)

Ein Gericht in Bamberg hat den Pharmakonzern dazu verpflichtet, einer Frau alle Erkenntnisse mitzuteilen, die es zum Corona-Impfstoff der Firma und ihrem Krankheitsbild gibt. Die Frau hatte nach der Impfung mit "Vaxzevria" eine schwere Thrombose erlitten.

Von Christina Berndt

Schon bald nach der Zulassung des Corona-Impfstoffs des britisch-schwedischen Konzerns Astrazeneca gab es erschreckende Meldungen. Das Vakzin namens "Vaxzevria" hatte in sehr seltenen Fällen eine schreckliche Nebenwirkung. Einzelne Geimpfte erlitten Thrombosen im Gehirn oder in Bauchorganen, manche verstarben in der Folge. Weil man zunächst dachte, dass vor allem junge Frauen betroffen seien, wurde der Impfstoff in Deutschland zunächst nur noch Personen über 60 Jahre empfohlen und später gar nicht mehr.

Was aber wusste der Hersteller von all dem? Hätten die Fälle verhindert werden können? Das wollte auch eine Frau aus Oberfranken wissen, die nach der Impfung mit dem Astrazeneca-Vakzin im März 2021 eine Thrombose im Darm erlitt und ins Koma fiel; ihr musste schließlich ein Teil des Darms entfernt werden. Die 33-Jährige forderte nicht nur Schadenersatz und Schmerzensgeld von dem Pharmakonzern, sondern auch die Herausgabe von Dokumenten der klinischen Prüfungen.

Nun hat sie vor dem Oberlandesgericht Bamberg einen Teilerfolg erzielt. Eine Zivilkammer verurteilte das Unternehmen am Montag dazu, umfassend Auskunft zu allen bekannten Wirkungen und Nebenwirkungen seines Corona-Impfstoffs zu erteilen, soweit sie das Krankheitsbild der Klägerin betreffen, wie ein Gerichtssprecher mitteilte. Dazu gehörten auch alle weiteren Erkenntnisse, die seit der Zulassung des Impfstoffs im Dezember 2020 bis zum Februar 2024 in diesem Zusammenhang gewonnen wurden.

Der genaue Name des Krankheitsbilds der Klägerin lautet "Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom", kurz TTS. Denn die schwerwiegenden Thrombosen, die in extrem seltenen Fällen nicht nur nach Impfungen mit dem Covid-Impfstoff von Astrazeneca auftreten, sondern auch mit dem sehr ähnlichen Impfstoff von Johnson & Johnson, gehen mit einem Absenken der Blutplättchen (Thrombozyten) einher. Hintergrund sind offenbar Antikörper, die sich infolge der Impfung bilden können und die Blutplättchen angreifen. Die Corona-Impfstoffe von Astrazeneca und Johnson & Johnson beruhen beide auf veränderten Erkältungsviren.

Wie häufig das TTS nach der Impfung mit diesen Vektor-Impfstoffen ist, ist nicht genau bekannt. Sicher ist nur, dass es extrem selten ist. Der Europäischen Arzneimittelagentur zufolge wurden bis Anfang April 2021 bei 34 Millionen geimpften Personen insgesamt 169 Fälle von Hirnvenen-TTS festgestellt und 53 Fälle von TTS im Bauchraum. Anfänglich waren Wissenschaftler davon ausgegangen, dass diese Komplikationen bei jüngeren Menschen und Frauen häufiger seien, doch mittlerweile geht man von einer Gleichverteilung über die gesamte Bevölkerung aus.

Der Anwalt der Klägerin, Volker Loeschner, sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass seine Mandantin und er über die Entscheidung des Gerichts sehr glücklich seien. Er gehe davon aus, dass nach diesem Erfolg weitere Auskunftsklagen in ähnlichen Verfahren folgen werden. Es handelte sich um den ersten Prozess dieser Art in Deutschland.

Ein Gerichtssprecher wies darauf hin, dass sich die Auskünfte nur auf die Erkrankung der Frau beziehen und auch nur der Klägerin zur Verfügung gestellt werden müssen; die Frau hatte auch Auskünfte zu weiteren Nebenwirkungen erstreiten wollen, doch dies lehnte die Kammer ab. Eine Revision hat das Gericht nicht zugelassen.

Derweil läuft die Klage auf Schadenersatz und Schmerzensgeld weiter. Die Anwälte von Astrazeneca schlossen einen Vergleich mit der Klägerin bislang aus und verwiesen auf die Entscheidung des Landgerichts Hof. Dieses hatte die Klage der Frau in erster Instanz abgewiesen, da es weder einen Produktfehler noch einen Informationsfehler im Zusammenhang mit dem Impfstoff feststellen konnte.

Eine Sprecherin der Firma betonte, dass Astrazeneca stets die hohen Standards der Aufsichtsbehörden eingehalten habe und der Nutzen der Impfung immer noch positiv zu bewerten sei. "Arzneimittelbehörden auf der ganzen Welt haben bestätigt, dass die Vorteile einer Impfung mit unserem Covid-19-Impfstoff Vaxzevria die Risiken der extrem seltenen potenziellen Nebenwirkungen überwiegen", sagte sie.

© SZ/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: