Selbst eine moderate und kurzzeitige Luftverschmutzung scheint die Gesundheit der Menschen stärker zu belasten, als Mediziner bislang dachten. Darauf deutet eine neue, große epidemiologische Metaanalyse hin. Nicholas Mills von der University of Edinburgh und Kollegen analysierten Daten von 35 Studien aus zwölf Ländern ( Lancet, online).
Dabei zeigte sich - so die Autoren - "ein starker und beständiger Zusammenhang zwischen Krankenhauseinweisungen aufgrund von Herzversagen und der Belastung mit sämtlichen Luftschadstoffen mit der Ausnahme von Ozon".
Im einzelnen errechneten die Autoren, dass das Herzinfarktrisiko bereits bei einer relativ moderaten Zunahme von einem Teilchen pro Million Teilchen Kohlenmonoxid um 3,52 Prozent steigt, bei zehn Teilchen pro Milliarde beträgt der Anstieg 2,36 Prozent beim Schwefeldioxid und 1,7 Prozent beim Stickstoffdioxid. Eine Zunahme von zehn Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter erhöht das Risiko um zwei Prozent.
Dabei geht es weniger um langfristige Wirkungen, vielmehr scheint es so zu sein, dass die gesundheitlichen Folgen noch am Tag der Belastung am größten sind.
Leichte Reduktion hat großen Effekt
Umgekehrt zeigt bereits eine geringfügige Reduktion der Schadstoffbelastung starke positive Effekte. Die Studienautoren ermittelten, dass es bei einem Rückgang der Feinstaubbelastung von nur 3,9 Mikrogramm pro Kubikmeter allein in den USA 8000 weniger Krankenhauseinweisungen aufgrund von Herzversagen gäbe und das Gesundheitssystem 300 Millionen Dollar sparen würde.
Beunruhigend erscheint auch eine weitere Studie, die ein Team um Ole Raaschou-Nielsen vom Forschungszentrum der dänischen Krebsgesellschaft jetzt im Fachmagazin Lancet Oncology (online) veröffentlicht hat. Seine Metaanalyse von 17 Kohortenstudien aus neun europäischen Ländern mit mehr als 300.000 Teilnehmern erbrachte klare Hinweise, dass Feinstaub das Risiko für Lungenkrebs erhöht, und das schon bei Belastungen, die unter den geltenden Grenzwerten liegen. "Wir fanden keine Grenze, unter der es kein Risiko gibt", sagt Raaschou-Nielsen.
Solche Einsichten müssten Folgen haben, schreiben Francesco Forastiere und Nera Agabiti in einem Kommentar zu der erstgenannten Lancet-Studie: Wenn gesundheitliche Belastungen unter den europäischen Grenzwerten auftauchen, sollte "mit allen möglichen Mitteln" eine reinere Luft angestrebt werden.